Reise nach Rothberg. Eginald Schlattner: Werk und Wirken

Reise nach Rothberg. Eginald Schlattner: Werk und Wirken. Reihe Reihe Lesezeichen, Bd. 4 · ISBN 978-3-86356-403-2, 512 Seiten, €[D]29,90

| Eginald Schlattner | Traian Pop Traian | Sigurd Paul Scheichl | Michaela Nowotnick | Edith Konradt | Florian Gassner | Sabine Brandt | Daniela Strigl | Karl-Markus Gauss | Christel Wollmann-Fiedler | Wolfgang Schlott | Elmar Schenkel | Gabriela Sonnenberg | Andreea Dumitru | Christoph Klein | Jürgen Israel | Matthias Buth | Frieder Schuller | Cord Meier-Klodt | Gabriella-Nóra Tar | Radu Carp | William Totok | Rolf L Willaredt | Cord Meier-Klodt | Isabel Rauscher | Barbara Zeizinger | Gert Weisskirchen | Theo Breuer | Horst Samson |

Mit 47 Bilder von Kristian Schuller, KATH Zipser, Konrad Klein, Beatrice Ungar, Michael Neuhaus, Sabine Maya Schlattner, Martin Ohnweiler, Siegfried Landau und Traian Pop

Man liegt sich nicht dauernd in den Armen und fällt sich nicht jeden Tag um den Hals. Aber man achtet jeden in seiner Andersartigkeit von Sprache, Brauch und Glauben. Erst indem der andere dazugehört, bin ich, was ich bin.
Eginald Schlattner

Man sollte das Buch natürlich wie jedes andere von Ihnen von der ersten bis zur letzten Seite lesen, es ist aber auch ein Vergnügen, das Buch gleichsam wie mit einer Daumenprobe irgendwo aufzumachen, auf eine bestimmte Stelle zu zeigen und dann die nächsten zehn oder zwanzig Seiten zu lesen. Man kann überall einsteigen in dieses Werk …
Karl-Markus Gauß

Wenn es erlaubt wäre, die Begriffe Erschütterung und Erheiterung in einem Atemzug zu verschmelzen – Schlattners unterhaltende Belehrung über ein Stück europäischer Menschengeschichte wäre damit charakterisiert.
Sabine Brandt

Wenn es nicht schon spät geworden wäre und der Anstand es geboten hätte, Ihre Herzlichkeit nicht überzustrapazieren, würde ich heute noch bei Ihnen im Bieder­meierfauteuil sitzen!
Isabel Rauscher

Menschen aus dem Westen Europas und von Übersee, nicht nur deutschsprachige, machen sich auf den Weg, nein, pilgern geradezu ins siebenbürgische Rothberg/Roşia bei Hermannstadt/Sibiu zum Pfarrer und Dichter Eginald Schlattner, zum alten Pfarrhof von 1762 und zu einer der ältesten Kirche inmitten der Karpaten, der romanischen Basilika aus dem Jahr 1225 … Auf einem eigenen Planeten lebt der Dichter und Weltbürger, abseits und doch mitten im Weltgeschehen.
Christel Wollmann-Fiedler

Lieferbare Titel von Eginald Schlattner:

Nina May, Das gibt’s doch gar nicht! Die Walachei ist nicht im Nirgendwo, sondern mitten unter uns

Nina May, Das gibt’s doch gar nicht! Die Walachei ist nicht im Nirgendwo, sondern mitten unter uns. Glossen, erste Staffel. Reihe Fragmentarium, Bd. 30 · ISBN 978-3-86356-405-6, 372 Seiten, €[D]24,90

„Wo bleiben deine Glossen?“, lautete der Begrüßungssatz meiner Mutter. „Hast lange nichts geschrieben!“ Kein „Gut schaust aus!“, kein „Wie läuft’s mit dem Hausbau?“ oder „Esst ihr auch Vitamine?“. Statt-
dessen will auch sie jede Woche lesen, wie man in welchem Kulturkreis Bananen schält oder was mein Ameisenhaufen in der Küche so treibt. Die wirklich wichtigen Dinge eben. Die, die man Verwandten und Freunden weitermailt und an die sich, zugegeben, auch die Leser stets erinnern, denen man auf Sachsentreffen und Überlandreisen begegnet: „Ach, Sie sind Nina May? Die Story mit dem erwürgten Zeh in der Damenstrumpfhose – wir haben uns totgelacht!“ Distanz.
Nina May

Glossen aus dem „Land der Geschichten“ – Debüt-Ritterschlag für Nina May

Im Pop Verlag, Ludwigsburg, erscheint in diesen Tagen eine Sammlung mit Glossen von Nina May unter dem Titel „Das gibt’s doch gar nicht! Die Walachei ist nicht im Nirgendwo, sondern mitten unter uns“. Der Verlag hat das überzeugende Buch mit seinem Debütpreis gewürdigt. Die Preisverleihung wird voraussichtlich während der Buchpräsentation, der „lansare“, Mitte September in Hermannstadt /Rumänien stattfinden. Wir werden Sie informieren.

Wussten Sie schon, dass Sie mit „Țăraning “ kräftig, gesund und beweglich bleiben, ohne jemals ein Fitnessstudio zu betreten (Auf ins Sportstudio!)? Dass es fast einem Schicksalsschlag gleichkommt, wenn der Mechaniker mitten im siebenbürgischen Outback nachdenklich „etwas Großes“ am kaputten Auto diagnostiziert und sich auf das Eigentliche nicht näher festlegen will (Glück und Pech)? Dass ihnen gelegentlich der „Wohnwagen“ aus der Hosentasche fallen kann, wenn Sie die Sünde eines Vokalverdrehers begehen? Rulotă versus ruletă in Der Wohnwagen aus der Hose. Wussten sie, wie eine Reparatur trotz allem gelingt, wenn drei Handwerker ohne Werkzeug und Leiter, aber fest in den Hosentaschen versenkten Händen anrücken, um nach längerem Diasgnosepalaver einen größeren Schaden zu beheben (Mangelgesellschaft)? Und welche uralten Sammler- und Jägerinstinkte man auspacken muss, um am übervollen Büffet nicht zu verhungern (Milieustudien am Büffet)?

Das alles und sehr, sehr viel mehr ist in Nina Mays Glossensammlung aus dem Pop Verlag nachzulesen. Von der humorvoll-ironischen Erzählhaltung her ist es – entfernt – eine Art Gregor von Rezzori’sches „Maghrebinien“, aber weder Land noch Leute entspringen der überbordenden Phantasie, sondern die „Wallachei“ Nina Mays ist Realität, die jeglichem Faktencheck standhält: Sie ist geographische Wirklichkeit und mental-kulturell bedingte  Verhaltensrealität in einem — angesiedelt im Zentrum des heutigen neuen Europa an seiner aufstrebenden Peripherie Rumänien.

Glossen sind eine journalistische Disziplin der Meinungsäußerung. Nina May äußert ihre Meinung zu den vielfältigsten Alltagsthemen. Sie kommentiert die Tücken der vermeintlich stabilen Normalität, die aber einer näheren Prüfung nicht standhalten kann.  Sie entdeckt Neues, wo alt Eingefahrenes scheinbar unverrückbar ist. Sie öffnet den Blick für manch Eigenartiges (Stempelsucht, Klopapier …) , aber auch für die unscheinbaren Details des Lebens, die indessen bei näherer Betrachtung zu einem essenziellen Lebensinhalt mutieren können: beispielsweise die aktiv unterstützte Geburt einer fingerkuppengroßen Wasserschildkröte.

In neun Kapiteln sieht man durch Nina Mays Kommentar-Brennglas Fazetten der Wirklichkeit, die man bisher entweder nicht kannte oder die man übersehen oder gar falsch verstanden hat:  Hurra – in Rumänien!, Kulturelle Kollisionen, Trautes Heim, Kuriose Arbeitswelt, Alltagswahnsinn, Alles, was recht ist, Sprachverwirrnisse, Über Stock und Stein, Geliebte Technik

Die Beschreibungsakuratesse einer wissenschaftlich geformten Physikerin und die Parlandoakkrobatik einer im besten Sinne erfrischend nicht-rumäniendeutschen Autorin, die in Rumänien lebt und die dortigen Realitäten in deutscher Sprache beschreibt; ferner: die unverformte Neugier eines geistig jung gebliebenen Menschen und die Wohlgesonnenheit einer durch und durch positiv eingestellten Autorin – sie bestechen in diesen griesgrämigen Zeiten jeden Leser. Nina May bekennt sich dazu: „Wer schreibt über solche Dinge? Das ist meine Nische! Die schillernde Buntheit des Lebens in Rumänien schildern, so, wie ich sie erlebe. Mal bewundernd, mal kritisierend, mal staunend, mal verblüfft. Aber immer zutiefst ehrlich – und mit einem liebevollen Augenzwinkern im Hintergrund.“

Für die deutschsprachige Literatur der Gegenwart in, aus und über Rumänien ist sie sehr wohl eine Bereicherung. Erstens: Durch den unverstellten Blick auf sattsam bekannte Realitäten an einer mitteleuropäischen Schnittstelle zum Balkan, die von den deutschen Natives des Landes noch nie so burlesk-pikaresk, kumorvoll-ironisch  wahrgenommen worden ist. Zweitens: Durch das erfrischend-sprühende Parlando eines deutschen Binnensprachlers, der sich innovativ und bemerkenswert vom zwar überaus korrekten, aber oftmals gestanzten und inselreduzierten Deutsch des deutschsprachigen Literaturkanons Rumäniens abhebt. Insofern ist auch die Frage beantwortet, ob Nina May zur deutschen Literatur dieses Landes zu zählen ist: Ja, sie ist es zweifellos, denn ihre Glossen transzendieren die rein journalistischen Schranken und ragen deutlich in die Ebene der literarischen Wirklichkeitsbewältigung hinein.

Warum Lebenshilfeseminare aufsuchen, Persönlichkeitscoaching frequntieren oder seichte Texte zur seelischen Betreuung lesen ? In Nina Mays Glossen finden Sie alles: Zuspruch, Orientierung, Bestätigung, Witz, Relativierung  und Verstand. Das Buch liest sich wie ein Instrumentenkasten dessen, wie im Leben Wichtiges von Unwichtigem zu trennen ist, wie tiefe Menschlichkeit auf- und Egomanie und Fremdheit abgebaut werden können, wie das Eigentliche vom Uneigentlichen zu scheiden ist.

Wer ohnehin Spaß am Lesen hat, aber auch derjenige, der die kultivierte Lebensfreude des Lesens (neu) entdecken will, kommt mit diesem Buch voll auf seine Kosten.

 Götz von Berg
Im Juli 2024

Lieferbare Titel von Nina May:

Dagmar Dusil(Hrsg.), Im Schnee der Erinnerungen. Hermannstadt: dokumentiert · erinnert · recherchiert

Dagmar Dusil (Hrsg.), Im Schnee der Erinnerungen. Hermannstadt: dokumentiert · erinnert · recherchiert. Reihe Fragmentarium, Bd. 29 · ISBN 978-3-86356-407-0, 444 Seiten, €[D]29,90

| Astrid Bartel | Dagmar Dusil | Theodora Eck | Martin Eichler | Anneli Ute Gabanyi | Louis Guermond | Jürgen Günster | Sigrid Haldenwang | Hannes Höchsmann | Herbert Horedt | Marianne Hügel | Emil Hurezeanu | Ioan-Cosmin Ignat | Konrad Klein |  Wolfgang (Wolfi) Klein | Gerhard Konnerth | Paul Niedermaier | Jürgen Schlezack | Anneliese Schuster | Ernst Gerhard Seidner | Hans Günther Seiwerth | Gert Theil | Beatrice Ungar | Joachim Wittstock | Helmut Wolff | Volker Wollmann | Monika Ziegler | Kurt Thomas Ziegler |

Das Erinnern hat seine eigenen Regeln, geht selektiv vor. Daher auch der Titel des vorliegenden Bandes: Im Schnee der Erinnerungen. Was verbinden wir mit Schnee? Reinheit, Wünsche, Erinnerungen, Kindheit. Doch Schnee hält nicht ewig, er schmilzt und taut, ist nicht mehr da, verändert seinen Aggregatzustand. Verhält es sich nicht auch mit ver- schütteten Erinnerungen so? Wie werden sie freigesetzt? Wann stürmen sie auf uns ein, wann nicht?
Es ist ein lebendiger Sammelband entstanden, der eine gewisse Eigen- dynamik entwickelt hat und den Blick hinter die Kulissen in die Ver- gangenheit der Protagonistin „Hermannstadt“ lenkt. Die Stadt – das ist unser weibliches Hermannstadt – ist das Bild einer Grande Dame, die bezaubert und nostalgisch stimmt. Das Stadtbild – ist vergänglichkeits- resistent neutral und hält den Besucher oder ehemaligen Bewohner auf Distanz. Der Stadtkern – die männliche Seite Hermannstadts ist uneinnehmbar, wehrhaft jeden Zentimeter verteidigend.

Die Industriegründungen erfolgten bei den Sachsen nicht – wie im übrigen Siebenbürgen – auf Initiative der Wiener und Budapester Hochfinanz, sondern sie resultierten oft aus kleineren und mittleren gewerblichen Betrieben. Diesen Sachverhalt verdeutlicht eine Statistik aus dem Jahr 1933, laut der von 124 sächsischen Unternehmen Siebenbürgens nur eines mehr als 1.000 Arbeiter beschäftigte, 17 lagen zwischen 100 und 1.000 und die übrigen unter 100 Beschäftigten. (Volker Wollmann – Dokumentiert)

Ich hatte ganz andere Probleme. Nach meiner Militärzeit wusste ich nicht so genau wohin mit meinem Leben. Die ganze Nachbarschaft wollte mir helfen. Dieter Göllner versuchte, mich beim Radio unterzubringen. Nae Ionescu, der Jazzgott Hermannstadts und unser Nachbar, wollte aus mir einen Sänger machen und Herr Lala aus der Voltairestraße einen Buchhalter. So wurde ich Buchhalter auf der Hohen Rinne im Hotel Casa Turiştilor. (Wolfi Klein – Erinnert)

Die einst im Sommer mit betörend duftenden Lindenbäumen bestandene Arzstraße, die von der Leschkircherstraße/str. Ștefan cel Mare bis zur Michaelisstraße/str. Călţun reicht, ist mit 516 Metern nicht die längste, aber die wohl schönste im Viertel. Einige der gediegenen, in einem lokalen Heimatschutzstil erbauten Einfamilienhäuser besitzen auch Mansarden. (Konrad Klein – Recherchiert)

Lieferbare Titel von Dagmar Dusil:

Helmuth Frauendorfer, Photopoesie Phuerth

Helmuth Frauendorfer, Photopoesie Phuerth. Reihe Lyrik Bd. 185, 84 S., ISBN 978-3-86356-391-2, €[D] 23,00

Das Jahr 2020 wird schnell zum Jahr der Langsamkeit. Ein Jahr ungewöhnlicher Stille. Der Autor Helmuth Frauendorfer befindet sich, Berlin hinter sich lassend, in ihm fremden Gefilden. Es gibt schöne Straßen in Fürth bei Nürnberg. Sie sind erstarrt. Bewegungslosigkeit. In der verordneten Einsamkeit durchstreift er die vielen grünen Flächen, die Auen, den Wiesengrund der beiden Flüsse Pegnitz und Rednitz, die hinter dem Friedhof zusammenfließen und zur Regnitz werden. Im Kopf entstehen Sätze des Stillstands. Und er fotografiert die skurrile Leere. Wasser, Sträucher, Bäume schreien stumm auf. Abends setzt er sich hin und verbindet die Fotos mit den Sätzen in seinem Kopf, in den während der Spaziergänge entstandenen Notizen. So entsteht die Photopoesie Phuerth.

Lieferbare Titel von Helmuth Frauendorfer:

Abendweg. Roman. Reihe Epik Bd. 126. 332 S., ISBN  978-3-86356-336-3, €[D]21,50

Dagmar Dusil,  Das Geheimnis der stummen Klänge

Dagmar DusilDas Geheimnis der stummen Klänge. Roman. Reihe Epik . Bd. 149, 220 Seiten,  ISBN 978-3-86356-394-3; €[D]21,00

Dagmar Dusil fängt in ihrem neuen Roman Das Geheimnis der stummen Klänge  die abgrundtiefe Verworfenheit osteuropäischer Zeitumstände in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein.

Clara, die zur Adoption freigegebene ungewollte Tochter der Starpianistin Lavinia, entwickelt sich auch zu einer vielversprechenden Klavierspielerin.  Von einer erbarmungslosen Inszenierung der gefürchteten rumänischen Geheimpolizei Securitate wird sie als Fünfzehnjährige bei einem Talentwettbewerb zutiefst verletzt und zunächst vom sicher geglaubten Weg der musikalischen Selbstverwirklichung abgebracht. Sie wird Ärztin, arbeitet aber trotz ihrer tiefen Enttäuschung im Stillen weiterhin an der Vervollkommnung ihres Klavierspiels.

Im furiosen Finale  treffen Tochter und Mutter, deren Lebenswege sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekreuzt haben, nach vielen Jahren in einem an Dramatik nicht zu überbietenden Showdown erstmals aufeinander.

„Aus dem Malpapier ihrer Mutter, dass sie Blatt für Blatt wie ein Gauner entwendete, nachdem sie feststellen musste, dass es kein Papier zu kaufen gab, fertigte sie zunächst die weißen Tasten an, denen die mit Mutters Ölfarbe überstrichenen schwarzen folgten. Anfangs war es ein ungewohntes Gefühl, die Finger über den harten Unter- grund gleiten zu lassen, während der Flügel verwaist im Zimmer stand. Wie eine Diebin näher­te sich Clara ihm, wenn sie alleine in der Wohnung war, berührte in einem piano pianissimo die Tasten, um sofort die Hand zurückzuziehen. Es kam ihr wie ein großer Verrat vor, ein Verrat an ihr selbst, an ihren Ansprüchen, an ihren mit Füßen getretenen Leistungen. Sie quälte sich selbst und glaubte, nur so das Leben ertragen zu können. In der Stummheit des Papier­klaviers spuckten die angeschlagenen Tasten Töne aus, die nur sie hörte, von denen nur sie wusste, und die Schwin- gungen erreichten den Ort in ihrem Körper, den einige Menschen Seele nennen.“

„… meine Schneeträume, so weiß, so sehr herbeigesehnt, so vergänglich“ – es sind die Lebensträume Claras, die sie am Ende atemberaubender Entwicklungen gegen große Widerstände zumindest teilweise verwirklicht hat. Die Ärztin, die eigentlich eine virtuose Klavierspielerin werden wollte, trifft im Romanfinale zum ersten Mal auf ihre leibliche Mutter, eine berühmte Pianistin – es kommt zu einem Showdown, der an Dramatik nicht zu überbieten ist.

Dagmar Dusil erzählt mal beklemmend und eindringlich, mal poetisch verstörend und filmisch sequenziert, aber allemal subtil und detailreich in der Linienführung. Leserinnen und Leser können sich in dieser spannenden Schilderung einer Selbstbefreiung sowohl an unbeschwerten Dur- als auch an traurigen Moll-Erzähl-Akkorden erfreuen.

Lieferbare Titel von Dagmar Dusil

Anton Sterbling, Rückkehr aus dem Klimadelirium und die merkwürdige Begegnung mit Nikolaus Lenau in Wien

Anton Sterbling, Rückkehr aus dem Klimadelirium und die merkwürdige Begegnung mit Nikolaus Lenau in Wien. Kartoniert mit Schutzumschlag (bedruckt).  Reihe Epik Bd. 147; ISBN: 978-3-86356-389-9; 183 Seiten, €[D]15,50

Die Geschichte des Prof. Dr. Dr. h.c. Bartholomäus Jeanpaul aus dem Erzählungsband „Klimadelirium und andere furchtbare Erzählungen“ ließ mich nicht los. Sie drängte geradezu auf eine Fortführung. Diese sollte zeitlich bis in die Gegenwart und darüber hinaus reichen.
Ein wiederholtes Gespräch mit Freunden über Nikolaus Lenau, dessen Todestag sich übrigens im nächsten Jahr zum 175. Mal jährt, brachte mich auf die Idee, meine Erzählung über die Rückkehr des Professors Bartholomäus Jeanpaul mit gleichsam antizipierten und phantastisch erdachten Geschehnissen und Ereignissen rund um Nikolaus Lenau in Wien, die nicht zufällig etwas mit dem faszinierenden Bannkreis der Literatur zu tun haben, zu verbinden.

Lieferbare Titel von Anton Sterbling:

Hellmut Seiler, An Verse geheftet. 77 Gedichte und Inter­mezzi samt einem Epilog.

Hellmut Seiler, An Verse geheftet. 77 Gedichte und Inter­mezzi samt einem Epilog. Reihe Lyrik Bd. 15, 102 S., ISBN 978-3-937139-32-6, €[D] 12,60.

„Man sollte innehalten und sich diese Sätze …auf der Zunge zergehen lassen, was ihr semantisches Aroma, ihr Bedeutungsraum, erst noch entfalten will. (…) Weil auch ein Rezensent (…) gern seinen Spaß hat und mit Lust zuschaut, wo die Wörter, wenn man sie nur läßt, sich fast wie von selbst neue Bedeutungen, neue Kontexte erspielen.“
Dr. Franz Josef Görtz, Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Hellmut Seilers Gedichte zeichnen sich durch große sprachliche Präzision, hohes Formbewusstsein, auch klanglicher Art, und ihren pointierten, teils scharfzüngigen Wortwitz aus, der sehr geschickt mit Ironie und manchmal auch mit Sarkasmus poetischen Mehrwert, poetische Mehrdeutigkeit gegen sprachliche Klischees auffährt. Auffällig in H. S.’s Gedichten ist auch sein Sinn, seine Vorliebe für das Skurrile, Groteske, Surreale, und es verwundert daher nicht, daß seine Gedichte immer wieder das Korsett von Kausalität, binärem Denken oder auch grammatischer Wohlgeformtheit durchbrechen (…)“
Jürgen Nendza, Aachener Nachrichten

Lieferbare Titel von Hellmut Seiler:

Betrachtung der Zeit. Lyrikanthologie zum 75. Jahrestag der KünstlerGilde Esslingen

Betrachtung der Zeit. Lyrikanthologie zum 75. Jahrestag der KünstlerGilde Esslingen. Mit sieben Zeichnungen von Udo Beylich

Esslinger Reihe 2023-1 . Hrsg.: Eva Beylich, Rainer Goldhahn und Martin Kirchhoff.

| Andreas Gryphius | Nikolaus Lenau | Johanna Anderka | Rose Ausländer | Belá Bayer | Werner Bergengruen | Jörg Bernig | Eva Beylich | Udo Beylich | Horst Bienek | Gaby G. Blattl | Johannes Bobrowski | Therese Chromik | Māris Čaklais | Hanns Cibulka | Karl Corino | Sonja Crone | Dagmar Dusil | Benedikt Dyrlich |
| Rumania Ebert | Günther Eich | Gisela Flak | Rainer Goldhahn | Jiří Gruša | Aldona Gustas | Ursula Haas | Margit Hanselmann | Hanno Hartwig | Peter Härtling | Ilse Hehn | Bodo Heimann | Zbigniew Herbert | Karl Dedecius | Max Herrmann-Neiße | Kurt Heynicke | Franz Hodjak | Dieter Hoffmann | Peter Huchel | Ursula Jetter | Bernd Kebelmann | Josef Kempf | Martin Kirchhoff, | Ursula Kozioł | Willy Kramp | Hildegard Kubitschek | Reiner Kunze | Johanna Klara Kuppe | Elke Langstein-Jäger | Eva Mārtuža | Zenta Maurina | Anneliese Merkel | Inge Methfessel | Josef Michaelis | Agnes Miegel | Josef Mühlberger | Dagmar Nick | Hannelore Nussbaum | Erich Pawlu | Heinz Piontek | Traian Pop Traian | Jānis Rainis | Gerhard Riedel | Ingeborg Rinner | Susanne S. Schick | Dietmar Scholz | Jenny Schon | Heinrich Schröter | Renata Schumann | Hellmut Seiler | Tina Stroheker | Susi Csilla Szabó | Monika Taubitz | Ilse Tielsch | Helga Unger | Siegfried Von Vegesack | Wolfgang Weyrauch | Hermann Wischnat | Heinz Zeckel | Imants Ziedonis | Ana-Maya Brumar | Andreea Ciocanea | Andreea Theodora Iancu | Zuzanna Madurska |
| Amalia Maj | Paula Pastare |

ISBN: 978-3-86356-383-7, Reihe Epik Bd. 139. Hrsg. der Reihe: Traian Pop, 128S. €[D] 16,50

Wir lieben Lyrik. In der KünstlerGilde gibt es eine eigene Sparte Literatur neben ihren Schwestern Musik und Bildende Kunst. Diese KünstlerGilde besteht nun seit 75 Jahren seit 1948. Da lag es nahe, einige Dichterinnen und Dichter aus diesen 75 Jahren auszuwählen. Darunter sind berühmte Namen aus dem In- und Ausland, viele, die mit dem Andreas-Gryphius-Preis oder dem Nikolaus Lenau-Preis ausgezeichnet wurden. Zu ihnen haben wir Mitglieder aus unserer Zeit gesellt.
Am Anfang des Bandes finden wir die Namenspatrone unserer Preise. Den guten Schluss bringen Jugendliche aus unseren östlichen Nachbarländern, die den neu gegründeten Jugendförderpreis der KünstlerGilde Esslingen erhielten.
Wir forderten unsere Literaten auf, drei selbstgewählte Texte einzusenden, aus denen wir uns für ein Gedicht entschieden. Bei fremdsprachigen Gedichten fügten wir eine Übertragung ins Deutsche bei.
Wir hoffen, die richtige Auswahl an Texten getroffen zu haben, die Sie ansprechen, Sie nachdenklich machen oder auch erheitern. Wir sehen die Anthologie als Betrachtung der Zeit (Titel eines Gedichts von Andreas Gryphius).
Einen herzlichen Dank an alle, die uns ihre Beiträge zur Verfügung gestellt haben.
Ein besonderer Dank gebührt Traian Pop, der diese Anthologie ermöglicht hat.
Eva Beylich . Rainer Goldhahn . Martin Kirchhoff

Dietfried Zink, Der leise Suchton des kreisenden Vogels

Dietfried Zink, Der leise Suchton des kreisenden Vogels. Gedichte. Reihe Lyrik, Band 1826, 137 Seiten, ISBN 978-3-86356-376-9, € [D]16,50

Mir will scheinen, dass Dietfried Zink ein exemplarischer Fall für ein siebenbürgisches Dichterdasein im ausgehenden 20. Jahrhundert darstellt. Auf der engen deutschen Sprachinsel Rumäniens war Dichten ein Befreiungsakt – sowohl künstlerisch als auch gesellschaftlich. Man konstituierte durch Schreiben seine Identität. Der Identitätsanker waren die deutsche Sprache und die alten wie neuen Regeln der literarischen Formgebung in dieser Sprache. Es ist geradezu paradigmatisch, dass Dietfried Zink Germanistik studierte und Deutschlehrer wurde. Das war für ihn und viele andere der Königsweg zum literarischen Schaffen. Nicht alle Deutschlehrer waren Dichter, aber die meisten Dichter waren Deutschlehrer. Nirgendwo war man besser in einer sicheren Heimat aufgehoben als eben in der Sprachheimat.
Walter Fromm

Die vorliegende Lyriksamm- lung enthält eine Zusammen- stellung von Gedichten aus allen Schaffensperioden. Der Titel des Bandes ist eine metaphorisch-programmati-
sche Überhöhung des Inhalts und stammt aus einem der Gedichte: Der leise Suchton des kreisenden Vogels. (Du, S. 84) Die schmale Auswahl um- fasst wohl um die sechs Jahr- zehnte poetischer Artikula- tionsversuche. Achtzig Gedichte / Leben in Jahren und Wort / Langsam fließt der Fluss – so das Motto des Gedichtbandes von Dagmar Dusil. Es ist die Zusammenfassung dessen, was Dietfried Zink eigentlich aus- macht: beharrliches Anschrei- ben gegen die Vergänglichkeit!

Lieferbare Titel von Dietfried Zink:

Julia Schiff, Nirgendwo Europa

Julia Schiff, Nirgendwo Europa. Roman. Reihe Epik . Bd. 135, 104 Seiten, ISBN 978-3-86356-372-1; €[D]16,50

Imre Váradi, Chemie-Ingenieur und 1956er-Dissident, kehrt mit seiner indischen Frau Irene als Frührentner aus England in sein Heimatland zurück. Er lässt sich in einem kleinen Dorf in Westungarn nieder, das die Fesseln der sozialistischen Verwaltung und des Dirigismus von oben noch nicht abgeworfen hat. Das Dorf, dem die Mittel und die geistige Mobilität für eine selbständige Handlung fehlen, verharrt wie in einem Dornröschenschlaf. Die im Westen geschulten Augen des Ingenieurs registrieren alle Zeichen dieser Stagnation. Doch gerade die romantische Unbeweglichkeit des Dorfes zieht Menschen aus dem Westen an, die eine Alternative zu ihrem hektischen Leben suchen, aber allmählich auch aus dem eigenen Land. Sie kaufen sich Sommerhäuser im Dorf, doch ihre Wirkungslosigkeit kann das dortige Leben nicht voranbringen. Die Globalisierung und der Traum von der Europäischen Union, die eine Mobilisierung der Menschen erfordert, kommen mittlerweile in der Ortschaft an. Seine Bewohner aber fühlen sich als Stiefkinder der EU.

(…) Ernő schüttelte den Kopf. – Ich wäre für eine andere Lösung. Warten wir nicht auf Europas Hilfe. Nehmen wir lieber Sandras Angebot an.
– Von welcher Sandra? Sandra Holczinger? Der Schauspiele- rin? Das ist nicht dein Ernst –,
meinte Dénes.
– Doch –, mischte sich Mihály ein. – Ich weiß nicht, was sie anbietet, aber sie ist die Ein- zige, die sich für dieses Dorf engagiert, obwohl sie längst schon in einem Budapester Theater ihr Brot verdient. Hat sie nicht deutsche Lieder aus dem Einwanderergut gesammelt und ist mit ihnen aufgetreten, sogar im Ausland? Wahre Heimatliebe darf nicht untergeschätzt werden.
– Gerade darum meine ich –, sagte Ernő -, wenn sie glaubt, die nötigen Mittel mit ihrer Spendenaufruf-Aktion beschaffen zu können, lassen wir sie handeln. Und unterstützen sie von Kräften.
Die Männer nickten bedächtig. Sie legten das Schicksal ihrer Kirche in die Hand einer jungen Frau.

Lieferbare Titel von Julia Schiff:

  •  Reihertanz. Roman. 268 Seiten, ISBN 978-3-86356-014-0€ [D]15,80;
  • Steppensalz”. Aufzeichnungen eines Ausgesiedelten. Roman. 284 Seiten, ISBN 978-3-86356-033-1, € [D]15,80
  • Verschiebungen. Roman. 220 Seiten, ISBN 978-3-86356-075-1,  € [D]15,50
  • Győrffy Ákos, Regungslos (Übersetzung des Lyrikbandes Nem mozdul aus dem Ungarischen ins Deutsche
  • György Mandics / Zsuzsanna M. Veress. Aus den Aufzeichnungen von János Bolyai
    Aus dem Ungarischen von Julia Schiff. Überarbeitet von Peter Gehrisch.Gedichte.Pop Lyrik. ISBN: 978-3-86356-148-2, 72 Seiten, € [D]16,50
  • Ágnes Nemes Nagy: Sonnenwenden / Napfordulók. Ausgewählte Gedichte. Deutsch / Ungarisch. Vorwort von Gyözö Ferencz. Aus dem Ungarischen von Julia Schiff in Zusammenarbeit mit Peter Gehrisch. Reihe Lyrik Band 155, 185 Seiten, ISBN 978-3-86356-323-3; €[D]19,50.
  • Nirgendwo Europa. Roman. Reihe Epik . Bd. 135, 104 Seiten, ISBN 978-3-86356-372-1; €[D]16,50

Eginald Schlattner: Brunnentore

Eginald Schlattner: Brunnentore. Roman. Reihe Epik Bd. 138. 320 S., ISBN  978-3-86356-399-8, €[D]25,00

Im äußersten Winkel des Obstgartens lag ein Wasserloch, das nie austrocknete, dessen Gewässer nicht überflossen. Der Großvater nannte es „blinden Brunnen“, der Vater „Tümpel“, die Mutter mit leisem Zungenschlag „Weiher“. Für uns Buben war es das Brunnentor in rätselhafte Gründe. Mein kleiner Bruder hatte den Namen ausgebrütet: Brunnentor. Jener runde Teich war beschirmt von Erlen und Eschen. Und war umrahmt von Dotterblumen. Von denen die Bardócz néni behauptete, sie schützten vor Gespenstern und Kobolden. Vielleicht wären sie sogar nützlich gegen Hexen. Dabei schmeckten sie nur bitter.

Früheste Erinnerungen, die herbeigaukeln und geschuldet sind dem vergrübelten Spürsinn eines Buben. Mir. Der ich noch nicht lesen und schreiben konnte. Doch bereits Ungarisch sprach, damals, dort, als wir wenige Jahre im Szeklerland lebten, in Szentkeresztbánya.

Vermutlich war es so, wie ich es niederschreibe. Doch denkbar: einiges anders. Aus den zerfransten Bildern der Vergangenheit schälen sich Begebenheiten, die Profil und Kontur begehren als das Erzählbare. Das alles, so und anders, war überdacht von einer Zeit, die den Jahren viel „Unordnung und frühes Leid“ bescherte, damals am Brunnentor der Kindheit …

Eginald Schlattners Romane, die in ihrer Gesamtheit nahezu ein Jahrhundertpanorama der deutschen Ethnie in Rumänien aufrollen, sind – ausgenommen Das Klavier im Nebel – alle autofiktional gehalten. So auch das vorliegende Buch mit dem änigmatischen Titel Brunnentore. Hier verhandelt der Autor seine Kindheit, die er im Vorschulalter in einer ungarisch geprägten Region von Siebenbürgen, im sogenannten Szeklerland, verbracht hat, wo viele Weichen für sein späteres Welt- und Menschenbild gestellt wurden. Eltern, Großfamilie und Freunde, Verwandte und Nachbarn, Arbeiter und Beamte der lokalen Eisenwerke, Dienstboten, Gassenjungen und angehimmelte Mädchen sowie vor allem der zweieinhalb Jahre jüngere Bruder Kurtfelix bevölkern und beleben den bunten Alltag, den der Autor anhand von Erinnerungen und Familienfotos nachzeichnet und literarisch gestaltet. Bestechend ist dabei die kindliche Optik des Ich-Erzählers, der nicht nur sein unmittelbares Umfeld in Szentkeresztbánya oder zu Besuch bei den Großeltern in Hermannstadt beziehungsweise auf Sommerfrische bei den Großtanten in Freck, sondern letztlich auch die historischen Brüche und Umbrüche jener Zeit anders wahrnimmt als die Erwachsenen, etwa wenn es um die staatliche Zugehörigkeit Transsilvaniens oder den aufkommenden Nationalsozialismus geht, und mit seinen naiven Beobachtungen und Fragen das politische Geschehen ad absurdum führt. Zeitlich nämlich fällt die Handlung in die späten 30er-Jahre des vorigen Jahrhunderts und endet mit dem Wiener Schiedsspruch 1940, als Nordsiebenbürgen von dem Territorium des Königreichs Rumänien abgetrennt und Reichsungarn angegliedert wurde und die Eltern, die für Rumänien optiert hatten, mit den Kindern nach Kronstadt in Südsiebenbürgen zogen. Damit schließt Brunnentore die letzte autofiktionale „Lücke“, da Eginald Schlattner – nach den Romanen Der geköpfte Hahn, Rote Handschuhe, Wasserzeichen, Drachenköpfe und Schattenspiele toter Mädchen – nun laut eigenem Bekunden seine komplette Vita in Prosa gegossen und literarisch abgeschlossen hat.

Lieferbare Titel von Eginald Schlattner:

Gerhard Eike, 100&33. KONELLIPTISCHE ANSICHTEN. Gedichte. Mit sieben Zeichnungen von Gert Fabritius.

Gerhard Eike, 100&33. KONELLIPTISCHE ANSICHTEN. Gedichte. Mit sieben Zeichnungen von Gert Fabritius.
Reihe Lyrik Bd. 180, 204 S., ISBN 978-3-86356-373-8, €[D] 23,00

Gerhard Eike (* 1945 in Agnetheln/Siebenbürgen) studierte nach dem Abitur an der Bergschule in Schässburg, von 1963 bis 1968 Kunstgeschichte am Institut für Bildende Künste „Nicolae Grigorescu“ in Bukarest. Von 1969 bis 1970 war er als Kustos am Brukenthal Museum in Hermannstadt tätig, von 1970 bis 1977 als Redakteur für die Rubriken Kunst und Literatur bei der deutschsprachigen Zeitschrift „Volk und Kultur“ in Bukarest. Weitere Tätigkeiten: publizistische Mitarbeit bei der „Deutschen Stunde“ des Rumänischen Rundfunks und Fernsehens, Drehbuchautor und Regisseur von Kunstfilmen, u. a. des Dokumentarstreifens „450 Jahre Bergschule in Schäßburg“ sowie der monografischen Studie „Der Kunstmaler Hans Hermann“. 1975 erschien das Gedichtbuch „6&60 KONELLIPTISCHE LANDSCHAFTEN“ im Kriterion Verlag (Bukarest). Gerhard Eikes Gedichte wurden in Anthologien wie „Luchterhand Loseblatt Lyrik – Deutsche Gedichte aus Rumänien“ (Luchterhand Verlag, Darmstadt 1970), „Fahnen im Wind“ (Kriterion Verlag 1972); „befragung heute“ (Kriterion Verlag 1974) und „vorläufige protokolle“ (Dacia Verlag, Klausenburg 1974) veröffentlicht. Am 18.01.1977 erfolgte die Flucht in die Bundesrepublik Deutschland. Von 1977 bis 1979 war er beim Bayerischen und Süddeutschen Rundfunk sowie für die Süddeutsche Zeitung tätig. 1979/80 absoliverte er die Ausbildung zum Industriekaufmann beim Bayerischen Bildungsverein e.V. München. 1982 gründete er die „Galerie V five o-clock“ in Feldafing. 1985/86 war er als Bibliothekar der DGB-Bundesschule Niederpöcking, von 1987 bis 1989 als Bibliothekar im Kloster Andechs tätig. 1987 promovierte Eike zum Dr. phil. der Kunstgeschichte an der Universität Bukarest. Von 1982 bis 1990 war er Organisator von Kunstausstellungen des Vereins „Die Roseninsel – Künstler und Kunstfreunde am Starnberger See e.V.“ sowie des „Art Aktiv-Kunstrings im Fünfseenland“. 1991 ließ er sich als freischaffender Journalist und Schriftsteller in Konstanz am Bodensee nieder, wo er 2020 starb.

Lieferbare Titel von Gerhard Eike:

100&33. KONELLIPTISCHE ANSICHTEN. Gedichte. Mit sieben Zeichnungen von Gert Fabritius.
Reihe Lyrik Bd. 180, 204 S., ISBN 978-3-86356-373-8, €[D] 23,00

Johann Lippet: biographie. ein muster. poem

Johann Lippet: biographie. ein muster. poem
Vom Autor druchgesehene, kritische Neuauflage. Leben sammeln in der Diktatur, Essay von Walter Fromm. Reihe Lyrik Bd. 149, 149 Seiten, ISBN: ISBN: 978-3-86356-316-5; € [D]18,50

Der Ich-Erzähler schildert zunächst aus der Kindperspektive die von Erwachsenen überlieferten frühen Geschehnisse der Zeit um 1945/50. Der Vater gerät auf der Flucht vor der Roten Armee nach Westen in die Fänge der Wehrmacht und wird von den  Amerikanern gefangen genommen. Die Mutter wird aus dem Banat zur Zwangsarbeit in den Donbass deportiert. Die beiden Entwurzelten gelangen auf Umwegen nach Österreich, wo sie sich kennenlernen und eine Familie gründen. 1956 kehren sie mit ihren vier Kindern in ihre alte Heimat Banat zurück. Hier treffen sie auf eine völlig verängstigte Gemeinschaft. Mit den vermeintlich kollektiv schuldigen Nazimitläufern war kurzer Prozess gemacht worden. Sie waren radikal enteignet und ausgeraubt worden, Tausende  mussten für Jahre die Zwangsumsiedlung in die lebensfeindliche Bărăgan-Steppe erleiden. Die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft macht schließlich aus den einst selbstbestimmten Kleinbauern abhängige Landproletarier.

Doch um 1970 öffnet sich vorübergehend ein einigermaßen liberales Zeitfenster, in dessen bildungs- und kulturfreundliche gesellschaftlichen Prozesse der nun jugendliche Protagonist hineinwächst.Der Ich-Chronist berichtet in seinem autobiographischen Entwicklungsepos lakonisch-intensiv die Stationen auf dem Weg vom Kind zum Erwachsenen. Am Ende steht das Schriftstellerdasein – der eigentliche Fluchtpunkt des Entwicklungsprozesses.

Epos der Generation der Sozialismus-Natives

Der lyrische Diskurs dieses Epos schildert in einem packenden autofiktionalen Erzählstakkato das Schicksal der Deutschen Bevölkerung Rumäniens nach dem Zweiten Weltkrieg . Die zeitgeschichtlichen Turbulenzen und Verwerfungen – für die Deutschen und die Rumänen gleichermaßen bestimmend – gehen auch am kleinsten banatschwäbischen Dorf  nicht vorbei, ohne tiefe Wunden zu schlagen. Die Autobiographie Lippets ist ein „Muster“ für die Verwerfungen, Hoffnungen und Enttäuschungen, die die Epoche der Sozialismus-Natives am Rande Europas geprägt haben.

Das Langgedicht wurde bei seinem Erscheinen in rumänischer Übersetzung (1983) von der rumänischen Literaturszene enthusiastisch als bedeutendes literarisches Dokument einer ganzen Generation gewürdigt. Traian Pop, Schriftsteller  und Verleger, verortet im Poem biographie. ein muster die Condition Humaine der Generation der Sozialismus-Natives. Lippet ist der „Autor des bedrückendsten Gedichtbandes meiner Generation, einschließlich der Autoren rumänischer Sprache .“

Dazu der Schriftsteller Dinu Flămând:  „Das Gedicht ist einzigartig in unserer Literatur. Es strahlt die ruhige Ungestümheit tiefer Wasser aus.“  Er anerkennt mit dieser Wertung die Wirkkraft des authentischen Hyperrealismus der lyrisch verdichteten, fiktional eingebetteten empirischen Sachlichkeit der Lippet’schen Erzählformel.

Lieferbare Titel von Johann Lippet

  • Migrant auf Lebzeiten, Roman (EPIK- Sammlung) 226 Seiten, ISBN:  978-3-937139-56-2 €[D]15,90
  • Dorfchronik, ein Roman, (EPIK- Sammlung) 789 Seiten, ISBN:  978-3-937139-99-9 €[D]25,90
  • Der Altenpfleger, Zwei Erzählungen. (EPIK- Sammlung) 259 Seiten, ISBN:  978-3-86356-012-6 €[D] 13,20,
  • Tuchfühlung im Papierkorb. Ein Gedichtbuch. (Lyrik- Sammlung) 168 Seiten, ISBN:  978-3-86356-034-8 €[D] 17,20
  • BAWÜLON – Süddeutsche MATRIX für Literatur und Kunst, Nr. 4/2011 (4). 114 Seiten, ISSN: 2192-3809; €[D] 7,00 Johann Lippet 60 Johann Fischart • Renarius Flabellarius (Fischart-Fan, id est Rainer Wedler) • Hellmut Seiler • Johann Lippet *„Wir werden wie im Märchen sterben“, Aktionsgruppe Banat * Dieter Scherr • Safiye Can • Norbert Sternmut •     Ferdinand Wedler • Carsten Piper • Uli Rothfuss • Rainer Wedler • Henning Schönenberger • Barbara Zeizinger u.a.
  • Bruchstücke aus erster und zweiter Hand. Roman. (Epik- Sammlung) 251 S. ISBN:  978-3-86356-050-8 €[D] 15,00
  • Horst Samson (Hrsg.):  Heimat – gerettete Zunge. Visionen und Fiktionen deutschsprachiger Autoren aus Rumänien. Eine literarische Begegnung. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wolfgang Schlott. (UNIVERSITAS Sammlung) 373 S. ISBN:  978-3-86356-051-5, € [D] 25.00
  • Kopfzeile, Fußzeile.Gedichte&Variationen. Pop Lyrik. 70 Seiten, ISBN 978-3-86356-140-6, 13,80€
  • Wegkreuze. Beobachtete, gehörte, gelesene und andere Geschichten. ISBN: 978-3-86356-180-2, 102 Seiten, 13,80€
  • Franz, Franzi, Francisc. Romanfragment. (Nebst Arbeitsnotizen und Annotationen). Die POP-Verlag-Epikreihe, Bd. 100, 176 Seiten, ISBN: 978-3-86356-246-5; € [D]16,90
  • Beziehungsweise(n). Gedichte & Geschichten. Reihe Epik Bd. 115, 185 Seiten, ISBN: 978-3-86356-307-3; € [D]18,50

die bewegung der antillen unter der schädeldecke. junge rumäniendeutsche lyrik zwischen 1975 und 1980

die bewegung der antillen unter der schädeldecke. junge rumäniendeutsche lyrik zwischen 1975 und 1980. Eine (historische) Anthologie
herausgegeben von Walter Fromm. Erweiterte, kritische Neuauflage 2022
mit einem einleitenden Essay von Prof. Dr. Waldemar Fromm
und einer soziokulturellen Kontextualisierung
von Prof. Dr. Anton Sterbling.

Richard Wagner | Werner Söllner | Rolf Bossert | Franz Hodjak | William Totok | Hellmut Seiler | Klaus Hensel | Horst Samson | Helmut Britz | Johann Lippet

Reihe Lyrik Bd. 171 . 296 S., 978-3-86356-350-9, €[D] 23,00.

Diese Anthologie ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass sich in der kleinen deutschsprachigen Literatur Rumäniens in den 1960er und 1970er Jahren ein Maß an Weltläufigkeit und Modernität herauszubilden begann, das heute zur markanten Bereicherung der literarischen Vielstimmigkeit in Deutschland beiträgt. Das zeigen Werke, die nach 1989 erschienen sind: Sie verweisen auf Emigration, Unbehaustheit und eine doppelte Fremdheit – „Angekommen wie nicht da“ lautet ein Titel von Herta Müller – innerhalb des Erfahrungshaushalts Deutschlands. (Waldemar Fromm, 2022)

Der Aussiedlungsprozess der Deutschen aus Rumänien und der meisten rumäniendeutschen Schriftsteller, Künstler und Intellektuellen findet sich von dieser Literatur merkwürdig begleitet und zugleich vielfach gebrochen gespiegelt und in gewisser Weise auch vorweggenommen. (Anton Sterbling, 2022)

Persönlich wünschte ich mir eine noch ein- deutiger engagierte oder gar militante Sub- jektivität. Verfolgt man jedoch die jüngste Lyrikproduktion aufmerksam, so lässt sich leicht feststellen, dass sie nicht selten ins private Abseits abdriftet, belanglose Innerlichkeit zutage fördert und Gesellschaftliches wegdrückt. Dann wird leider nur noch festgestellt, aber nicht mehr gefragt, der Zustand wird hingenommen, aber nicht mehr angezweifelt etc., etc. Selbstverschuldetes Abseits wäre das Ergebnis, eine vielversprechende literarische Bewegung fände ein frühzeitiges Ende. Dem vorzubeugen, mag dieses Buch auch beitragen. (Walter Fromm, 1980 )

Lieferbare Titel von Walter Fromm:

die bewegung der antillen unter der schädeldecke. junge rumäniendeutsche lyrik zwischen 1975 und 1980. Richard Wagner | Werner Söllner | Rolf Bossert | Franz Hodjak | William Totok | Hellmut Seiler | Klaus Hensel | Horst Samson | Helmut Britz | Johann Lippet. Eine (historische) Anthologie. herausgegeben von Walter Fromm. Erweiterte, kritische Neuauflage 2022. mit einem einleitenden Essay von Prof. Dr. Waldemar Fromm und einer soziokulturellen Kontextualisierung von Prof. Dr. Anton Sterbling. Reihe Lyrik Bd. 171 . 296 S., 978-3-86356-350-9, €[D] 23,00.

Dagmar Dusil (Hg.): Mit Erinnerungen gepflastert

Dagmar Dusil (Hg.): Mit Erinnerungen gepflastert. Eine Anthologie von Dagmar Dusil. Kartoniert, mit Schutzumschlag (bedruckt). Reihe Fragmentarium, Bd. 28. ISBN: 978-3-86356-367-7, 410 Seiten, €[D]25,00

| Emil Hurezeanu | Nora Iuga | Frieder Schuller | Monica Fronius | Hellmut Seiler|Heinz Acker | Jürgen Schlezack | Michael Astner | Hannes Elischer | Kurt H. Binder | Horst Samson | Jürgen Schuster | Marianne Hügel | Horst Fleischer | Jutta Caplat | Heini Höchsmann | Angela Baciu | Bernd Fabritius | Sieglinde Bottesch | Walter Johrend | Marianne Acker | Gerhard Dabi | Dagmar Dusil | Gerlinde Schuller | Dietfried Zink | Ingrid Loew | Peter Betsy | Erika Schunn | Monika Reiner | Rudi Klubitschko | Joachim Wittstock | Manfred Huber | Erika Schneider | Kurt Thomas Ziegler | Brigitte Hermann | Adrian Ernster |

Die Texte im vorliegenden Band berühren, informieren, beschreiben, blicken in ein Hermannstadt, das es heute so nicht mehr gibt. Sie sind zum Teil gut recherchiert und dokumentiert oder verlieren sich einfach in Erinnertem. Die Straßen sind die Adern der Stadt und schwemmen Erinnerungen und Erlebtes an oder weg, übergeben all dies der Stadt, und so werden es nicht mehr unsere Erinnerungen sein, sondern die der Stadt. Momentaufnahmen, die Bilder entstehen lassen.

Das letzte Haus war auch ein Einfamilienhaus und war das Eckhaus zum Philosophengang auf der linken Seite. Es trägt schwer an einer Erinnerung. Christel, die zweitälteste Tochter der Konrads, war Studentin in Klausenburg. Der politische Geheimdienst hatte sie unter Druck gesetzt. Er forderte von ihr, über ihre Kommilitonen und Freunde zu berichten. Sie eigerte sich.
Hannes Elischer, Die Walkmühlgasse

Wenn aber der laue Sommerwind das Laub der Linden im Garten von Fräulein Schullerus und das des uralten Nussbaumes im Hof von Tante Clara, unserer lieben Nachbarin, sanft streichelt, erreicht das geheimnisvolle Rauschen über Hunderte und Tausende Kilometer Entfernung unsere Seelen und erinnert uns an die Kinder, die wir einmal waren …
Adrian Ernster, Die Grabengasse

Lieferbare Titel von Dagmar Dusil:

Traian Pop Traian: Posledni sněh / Der letzte Schnee

Traian Pop Traian: Posledni sněh / Der letzte Schnee

Basnje / serbsce-němsce. Gedichte / sorbisch-deutsch. Grafiki / Grafiken: Božena Nawka-Kunysz. Wudawaćel / Herausgeber: Benedikt Dyrlich

Serbske přebasnjenja z němčiny / Sorbische Nachdichtungen aus dem Deutschen: Benedikt Dyrlich [B. D.] und Dorothea Šołćina/Scholze [D. Š.]. Němske přebasnjenja z rumunšćiny / Deutsche Übersetzungen aus dem Rumänischen von Horst Fassel [H. F.], Edith Konradt [E. K.], Johann Lippet [J. L.], und Dieter Schlesak [D. S.]

Wjacore serbske přenjesenja złožuja so na rumunsko-němsku ediciju Absolute Macht, Ludwigsburg 2018. Etliche sorbische Übertragungen stützen sich auf die rumänisch-deutsche Edition Absolute Macht, Ludwigsburg 2018.

Zběrka bu spěchowana wot Załožby za serbski lud, kotraž dóstawa lětne přiražki Zwjazka, Swobodneho stata Sakskeje a Kraja Braniborskeje. Diese Veröffentlichung wurde gefördert von der Stiftung für das sorbische Volk, die jährliche Zuwendungen des Bundes, des Freistaates Sachsen und des Landes Brandenburg erhält.

Reihe Lyrik . Band 176,  153 Seiten, €[D]18,50
ISBN 978-3-86356-365-3

Basnik a rebel, nakładnik a wupućowar, diskjokej a dźiwadźelnik, wudawaćel a redaktor.
Z tutymi a dalšimi wopřijećemi hodźi so Traian Pop Traian jadriwje charakterizować. Ja sam pak rady swojemu přećelej a koleze z gildy pisacych z wutroby přidam: Traian słuša ze swojim 18. decembra 2002 załoženym nakładnistwom, kotremuž Pop Verlag rěkaja, sobu k naj- płódnišim spěchowarjam noweje wuchodno- a južnoeuropskeje literatury w Němskej a w tutym wobłuku mjeztym tež k spušćomnym wudawaćelam serbskeho pismowstwa.

Dichter und Rebell, Verleger und Auswanderer, Musiker und Theatermann, Herausgeber und Redakteur. Mit diesen und weiteren Etiketten lässt sich Traian Pop Traian markig charakterisieren. Ich selbst füge indes meinem Freund und Kollegen aus der Dichtergilde von Herzen hinzu: Traian zählt mit seinem am 18 Dezember 2002 gegründeten Pop-Verlag zu den produktivsten Förderern neuer ost- und südeuropäischer Literatur in Deutschland und in diesem Rahmen auch zu einem nachhaltigen Herausgeber des sorbischen Schrifttums.
Benedikt Dyrlich

Lieferbare Titel von Traian Pop Traian:

Dagmar Dusil: Entblätterte Zeit

Dagmar Dusil: Entblätterte Zeit. Kurzgeschichten. Reihe Epik . Bd. 131, 196 Seiten,  ISBN 978-3-86356-359-2; €[D]16,50

 

 

Und sei die einzelne Szene auch noch so skurril, das Übel auch noch so bedrückend, strahlen sogar die zwielichtigen Gestalten dieser Prosa pure unwiderstehliche Menschlichkeit aus. (Gabriel H. Decuble)

Entblätterte Zeit ist Dagmar Dusils zweiter Kurzgeschichtenband. Von den Bewohnern eines Dorfes, die sich mit der Ankunft eines Paketes am Wendepunkt ihres Lebens wähnen, von Inga und ihrer von Metallen geprägten Kindheit, vom Hund Liberty, der beinahe eine politische Krise auslöst, vom Wettermacher und seinen Wolkenkanonen, von der trügerischen Idylle eines Bergdorfes, wo Wälder abgeholzt werden, von der Siebzehnjährigen, die einen Hundertmeterlauf vor sich hat und das Ziel nie erreichen möchte, von Mioara, die zu Marie wird und im Zwischendasein der auseinander driftenden Identitäten gefangen ist.

Vor den Fenstern der Städti schen Druckerei schlug er sein Nachtlager auf einem Gitterrost auf, aus dem wohltuende Wärme strömte. Tagsüber sammelte er Zeitungen, in denen viel über den Sieg des Sozialismus zu lesen war, und auf denen er sich nachts ausstreckte.
»Warum«, fragten ihn wiederholt seine beiden Geschwister, nachdem sie ihn ausfindig gemacht hatten, »warum tust du uns das an?«
Dann lächelte der Wettermacher leise vor sich hin, es war ein weiches Lächeln, behutsam, wie ein entschlüpfter Vogel saß es auf seinen Lippen, und er sagte mit ruhiger Stimme: »Es wird ein großer Sommer werden.« Er sprach die Worte langsam und klar und deutlich und die Geschwister gingen unverrichteter Dinge wieder nach Hause.

Lieferbare Titel von Dagmar Dusil:

Anton Sterbling: Ende einer Pandemie und weitere Erzählungen

Anton SterblingEnde einer Pandemie und weitere Erzählungen

Kartoniert mit Schutzumschlag (bedruckt).  Reihe Epik Bd. 131; ISBN: 978-3-86356-357-8; 183 Seiten, €[D]16,50

 

 

 

 

 

Der Band umfasst vier Erzählungen. »Ende einer Pandemie« handelt vom trügerischen Ende der mit entsprechenden bedrückenden kollektiven Erfahrungen einhergehenden merkwürdigen Heimsuchungen, die ohne befreienden Ausgang bleiben. »Der Aktivist« vermittelt Einblicke in das durch einen schweren Unfall gebrochene Leben eines politischen Aktivisten, der aus einer Aussiedlerfamilie stammt, und bringt uns dessen Denk- und Erfahrungswelt wie auch dessen spätere Erinnerungen und Einsichten näher. Die Erzählung »Dorina« geht der merkwürdigen Geschichte einer jungen Frau nach, die unbedingt von einem einsamen Bergbauernhof, aus den Händen ihres gewalttätigen Mannes und seiner drei Brüder, in die Freiheit des Liebesglücks entführt werden wollte. Auch so etwas geht selten gut aus. »Im Zug an der Grenze oder Undine geht wieder« nimmt den Leser auf eine bizarre Grenzfahrt in einer angehaltenen Zeit, ohne weitere Erklärungen und Perspektiven mit. Die in diesem Band vorgelegten Erzählungen können jeweils für sich gelesen werden, sie sind allerdings erneut über einige hintergründige Motive und Figurationen mit bestimmten Erzählsträngen und imaginären Bezugspunkten der ersten beiden Erzählbände »Klimadelirium« und »Die versunkene Republik« verknüpft.

»Das Staunen der Rezensentin ist groß: Womit ein Erzähler vom „Balkan“, der eigentlich emeritierter Soziologie-Professor ist, aufwarten kann – unglaublich! Und was die Melonengasse in einem banatschwäbischen Dorf an gespenstischen Familiengeschichten birgt, ist so verrückt wie die Realität selbst. Anton Sterbling hat Letztere gut beobachtet und in Fiktion gegossen. Den Band voller Skurrilitäten widmet er seinen „Freunden der ehemaligen Aktionsgruppe Banat“ – überpünktlich zum 50. Jubiläum der Gruppe im März 2022.«

Dr. Ingeborg Szöllösi in Allgemeinen Deutschen Zeitung und Banater Post

»„Das Anliegen dieser Erzählungen ist die künstlerische Erfindung des eher Unwahrscheinliche, aber doch nicht ganz Unmöglichen“, schreibt der Autor in seinem Vorwort. Das trifft recht gut den Tenor des gesamten Bandes, dessen Titelgeschichte schon gleich mit dem ersten Satz sprachlich sehr an Franz Kafka erinnert. (…) Sie könnte täuschen über die brillante Intelligenz dieses Autors, ebenso wie die scheinbare Naivität des Ich-Erzählers. Diese sachliche Sprache erzeugt Distanz, bewirkt aber auch so etwas wie Objektivität.«

Widmar Puhl in Bawülon 1/2021 (41)

Lieferbare Titel von Anton Sterbling:

Ilse Hehn: Diese Tage ohne Datum

Ilse HehnDiese Tage ohne Datum. Mit 45 bildnerischen Arbeiten der Autorin.Reihe Fragmentarium Bd. 27. 320 Seiten, ISBN 978-3-86356-353-0, €[D]23,00

Anstelle eines Vorworts: Eine Sprache aus Überzeugung, Nähe und Anmut

Das kennen wir: Die Corona-Pandemie zeigt erschreckend, statt sich herzlich und liebevoll zu umarmen, streckt man seine Faust aus, seine Ellenbogen und tritt einander fast vors Schienbein. Nehmen wir auch noch die Maske hinzu, sind wir … auf Abstand? Einander fremd geworden? Vereinsamt?
Wie erfreulich, wenn ein Buch seine Arme ausbreitet, die Maske abnimmt, keine Berührung scheut, sich dir nähert und ein echtes Angebot zur Aufnahme einer Beziehung ist.
Wovon rede ich? Von Ilse Hehns jüngstem Buch: „Diese Tage ohne Datum“. Es neigt sich uns entgegen, möchte angenommen, in seiner Bildsprache verstanden und in gewisser Weise auch genossen werden. Doch das alles geht nicht hektisch. Es brauchte seine Zeit. Lebenszeit, Erfahrungszeit, Wahrnehmungszeit. Und es braucht unsere Lust und Bereitschaft, Worte und Bilder zu wägen, so dass sie in unserem Inneren Gestalt annehmen.

Was bewegt diese bewegende Autorin dazu, uns in Lappland auf einen Hundeschlitten zu stellen und uns tagelang und abhängig von Tier und Natur durch die weite, eingefrorene Landschaft zu führen? Die sprachsatten Bilder lassen es erahnen: es geht darum, eine innere Heimat zu entdecken, ein Gefühl von Geborgensein in einer Natur, die nicht feindlich ist.
Ob die Bretagne ein heimeliger Ort? Ist sie nicht auch schroff, bedrohlich, menschenfeindlich? Nein, wenn man nicht nur allein unterwegs ist, und manchmal scheint es durch, dass Ilse Hehn nicht alleine reist. Ob die Autorin nun mit kulturhistorische Anmerkungen, in eine bildhafte Sprache eingetaucht, metaphorisch überhöht und mit kraftvollen Synästhesien bekleidet, sich uns herausfordernd nähert – wir sind eingeladen, intellektuell und emotional an dieser Reise durch Frankreich teilzuhaben.
Nach einem wunderbar zynischem Capri-Intermezzo und einem Spaziergang durch das bunte, tolerante Amsterdam reisen wir nach Schottland.
Kommt man dann dort im Zeichen der Distel und beim Klang der Bagpipes, mit dem passenden Getränk in der Hand und umwoben von Geschichte und Geschichten, zu einer entspannten Gelassenheit, einem Atemhauch von Genuss? Ja, man kommt. Auch als Leser.
Aufpassen! In Florenz – sachlich kommentiert die Autorin die Stadt als „ein Sarg aus pietra dura“, Pathos und pietätvolle Kniefälle sind nicht das Ihre – werden wir davor gewarnt, „Dantes verzinkter Lorbeer“ uns nicht auf den Kopf fallen zu lassen.
Und ach, Ägypten. Hier hat Ilse Hehn wahrlich ihr Herz an Geschichte und Architektur, an Götterwelt und Menschenelend verloren. So viele Worte und keines zu viel. Jedes gefüllt mit Bild und Vorstellung, mit Kommentar und Anmerkung. Ein Bekenntnis!
Ein literarisches Fundstück sind die Texte der Autorin über ihre ehemalige Heimat Rumänien. Textminiaturen von großer poetischer Kraft und eigenwillige Collagen vermitteln ein nuancenreiches Bild des postkommunistischen Rumänien. Hinter dem schönen Schein eines „neuen Frühlings“ wird die Ratlosigkeit und Enttäuschung angesichts der nicht eingelösten Erwartungen der 1989 von der kommunistischen Diktatur befreiten Menschen spürbar.
Umarmen wir Sizilien, jenes geschichtsträchtige Eiland, um uns bald darauf, über Norwegen und Samos, am Bodensee auszuruhen, Annette von Droste Hülshoff vorurteilsfrei zu begegnen, und gleichsam Kraft zu tanken für zwei weitere große Schritte. Einer führt uns zur ewigen Stadt, der Roma aeterna, deren Flair wir erliegen, die Sinne leibhaftig und lebhaft gesättigt. Und ja, die „bocca della verita“ wartet auf die Autorin, um das, was sie uns anbietet, auf Authentizität und sprachliche Überzeugungskraft zu prüfen. Ergebnis: Alles gut! Was heißt, das steinerne Ungeheuer beißt nicht zu.
Schließlich wartet Venedig auf uns. Wir kommen behutsam dieser rätselhaft schönen Stadt nahe. So wie die Autorin auch uns nahegekommen ist. Keine erzwungene Distanz sondern glaubhafte Nähe, keine Oberlehrer-Belehrungen, sondern kenntnisreiche Impulse. Keine Maske, wohl aber eine Sprache aus Überzeugung, Nähe und Anmut.

So gelingen Begegnungen, ja Berührungen in einer Zeit der Entfremdung. Man ist eingeladen, sich dem Horizont einer weit gereisten Autorin zu nähern.
Das ist ein Buch für unsere Zeit der Distanz, der Masken und der erzwungenen Berührungslosigkeit.
Lassen Sie sich berühren! Es tut gut.

Ulrich Steenberg, Januar 2022

 

Diese Tage ohne Datum – ein Gesamtkunstwerk, das die Vielfalt von Reiseerfahrungen in all ihren sinnlichen, gedanklichen und ästhetischen Facetten erfasst, und in welchem kongenial die bildende und die Sprachkünstlerin Ilse Hehn zu Wort kommt.
Was bei der aufmerksamen Lektüre auffällt, ist die stilistische Vielfalt der Texte, von Impressionen (Frankreich) über handfeste, geradezu spannende Handlung (Lappland), sprachlich unwahrscheinlich ausgefeilten wunderschönen Bildern vom Bodensee, Mont St. Michel, Venedig, Amsterdam (in seiner Knappheit ein kleines Kabinettstück), Capri (wunderbar die ironische Brechung im gesamten Kapitel) bis zu richtigen kleinen kulturhistorischen Exkursen (Ägypten, Rom, Schottland) und immer wieder dazwischen eingestreute lyrische Produkte. (Herbert Bockel)

Kritikerstimmen
Das jüngste Buch der Autorin Ilse Hehn ist ein eigenwilliges poetisches Reisetagebuch. Die Autorin reflektiert in Gedichten und Prosa feinsinnig die unterschwelligen Eigenheiten von Landschaften und Städten und stellt sie in den Zusammenhang der persönlichen Erlebnis- und Erfahrungswelt. Von besonderem Reiz sind die Rückblenden auf den südosteuropäischen Raum und die Jahre des Sozialismus, der Blick auf das heutige postkommunistische Rumänien sowie die Erlebnisfrische, mit der sie zu reisen und zu schildern versteht.
In die Texte beigestreut sind zahlreiche bildnerische Arbeiten von Ilse Hehn, die dem Buch einen zusätzlichen künstlerischen Reiz verleihen. (Ihre Windrose hat Wurzeln im Südosten, Franz Heinz)

Stilles Aufnehmen von Welt
Nicht die exotische Ferne fremder Kontinente lockt Ilse Hehn. Ihre Eindrücke, in Notaten festgehalten, die ein Mosaik bilden, sammelt die Reisende in den Schneeweiten Lapplands, in farbenflirrenden mediterranen Räumen, im Rom der Kirchen, Künste und Kontraste, in der archaisch-herben Landschaft der Bretagne, auf der griechischen Insel Samos, in Ägypten oder auch im sagen- und geschichtsträchtigen Schottland. Ihre in Prosa gefassten Impressionen finden sich, gestalterisch umgewan-
delt, oft auch in Gedichten wieder, die, eine Erfahrung, ein Erlebnis betonend, zum mitbestimmenden Teil des Textgefüges werden. Und sie finden sich wieder in den durch ihre Farbakzentuierung und Linienführung suggestiven Bildern der Künstlerin Ilse Hehn, die mit der Dichterin gemeinsam unterwegs war. (Eduard Schneider)

Lieferbare Titel von Ilse Hehn:

  • Anneliese Merkel:Käme ein Wort. Gedichte. Mit vier Arbeiten vonIlse Hehn.Pop Lyrik. ISBN: 978-3-86356-161-1, 72 Seiten, 14,50€
  • Roms Flair in flagranti. Epikreihe Bd. 109.142 Seiten, ISBN 978-3-86356-284-7, €[D]19,90
  • Diese Tage ohne Datum. Mit 45 bildnerischen Arbeiten der Autorin.Reihe Fragmentarium Bd. 27, 320 Seiten, ISBN 978-3-86356-353-0, €[D]23,00

Horst Samson: Der Tod ist noch am Leben

Horst Samson: Der Tod ist noch am Leben. Gedichte. Mit 23 Zeichnungen von Gert Fabritius. Lyrikreihe Bd. 174; ISBN 978-3-86356-355-4; 196 Seiten, €[D]23,00

„Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt“, schrieb Thomas Bernhard. Der Tod geht seinen Weg. Er weiß, was er tut. Sein Handwerk wurde ihm in die Wiege gelegt, eine Begabung. Oft spielt der Tod mit dem Leben. Er ist ein Herumtreiber, ein Flaneur. Manche halten ihn für einen Blender, aber er ist ein Meister. Sein Gedächtnis ist fabelhaft, er vergisst keinen. Der Tod hat eine gespaltene Persönlichkeit, tritt oft an mehreren Orten gleichzeitig auf. Plötzlich zeigt er im Nachtclub seine Künste, auch im Licht der Sonne ist niemand vor ihm sicher. Und manche müssen erst gar nicht mehr das Bett verlassen. Er ist nicht wählerisch. Es gibt größere Schrecken als den Tod. Der arbeitet präzise. Er flunkert nicht, er stümpert nicht. Nur das Leben quält. Der Tod ist der Frieden selber. Heimatlos in der Träne sehen wir dem Tod bei der Arbeit zu. Er lehrt uns das Verfließen, den Zerfall, das Vergehen. Das Leben, sagt er, hat keine Chance, es ist ein langsames, aber sicheres Sterben. Der Tod ist sein eigenes Geheimnis. Gegen die Kraft der Poesie aber ist er machtlos.
Horst Samson

Lieferbare Titel von Horst Samson:

Eginald Schlattner: Schattenspiele toter Mädchen.

Eginald Schlattner: Schattenspiele toter Mädchen. Roman. Reihe Epik Bd. 128. 401 S., ISBN  978-3-86356-360-8, €[D]29,00

„Jetzt, im hohen Alter, befällt mich eine nahezu verstiegene Sehnsucht nach Menschenkindern, die nicht mehr sind. Nach den Mädchen, die einst begreifbar waren bis in die Fingerspitzen der Seele und durch ihren Tod unbegreiflich geworden sind … Ich lerne, die regungslosen Erinnerungen zu erwecken, die abgebrochenen Geschehnisse weiterzuführen. Es gelingt, verblichene Gestalten wachzurufen, so dass ihre Gegenwart weh tut zwischen Gedächtnis und Phantasie.“

Denke ich heute zurück, während ich das Einstige beschwöre: Da- mals, in den jungen Jahren – mein Gott, wie denn auch? –, hatte noch kein totes Mädchen das Gemüt verstört. Aber Rainer Maria Rilke berührte zu früher Stunde unser Gemüt, wenn noch nicht als Schlußstück: „Der Tod ist groß. / Wir sind die Seinen / lachenden Munds. / Wenn wir uns mitten im Leben meinen, / wagt er zu wei-
nen / mitten in uns.“

Es fällt mir auf: Erzählt wird manches, was schon früher festgeschrieben ist. Dieselben Namen spazieren durch die verschiedenen Bücher.
Weshalb ich auf bereits Bekanntes zurückgreife? Der Gedächtnis- roman. Im Gegensatz zum Erin- nerungsroman.
Denkbar so: Da wäre die Omni- präsenz meiner Biografie in allem, was ich schreibe. Die Biografie, die sich bei aller Modellierbarkeit des Textes an Fixpunkte halten muss. Doch jedes Mal neu ist der Kontext.
Die Frage, die den Schreibenden wie die Lesenden immer wieder umtreibt: Was ist ersonnen, was ist Tatsache in dem Text? Wann und wo und wie decken sich Erdichtetes und Erinnerung? Die lila Maske vor dem Gesicht: durchscheinend? Ich meine, dass es in jeder Geschichte einen Angelpunkt geben muss, wo sich erinnerte Wahrheit und wahre Geschichte in den Armen liegen.
Zu bedenken wäre: „Tief ist der Brunnen der Vergangenheit!“

Und als Nächstes: Warum diese Geschichte zu später Lebensstun-
de? Warum jetzt, was seit Langem in der Luft lag als klagendes Gedächtnis: die toten Mädchen vor der Zeit, vor meiner Zeit. Ja, warum?
Zwei Buben fahren mit den Rädern von einem Dorf ins andere. Eine Begebenheit, die Jahrzehnte zurückliegt. Die Fahrt? Eigentlich ein Schüleraufsatz. Der mit der lächerlichen Überschrift Der Hampel- mann begonnen und sich zum makabren Totengeleit geweitet hat.
Denn was mir während des Schrei- bens beklemmend auffällt, ist, dass sich diese Fahrt nicht nur aufrollt als eine Episode entlang der endlosen Baumreihen auf einer Landstraße, sondern dass sie vorbeiführt an Grabsteinen verstummter Namen – irgendwo, nirgendwo.
Dies Nirgendwo ist im Laufe des Lebens zu einer Zeichenkette angewachsen, besteckt mit nahen Na- men. Die sich verflüchtigten, oft Jahrzehnte ungenannt blieben. Bis sie in einer Todesnachricht wiederkehrten, oft als Fama. Und ich erlebe es in ratloser Wehmut, dass diese elysäischen Wesen einer frühen Entflammtheit bereits tot sind, vor mir tot sind. Während des Schreibens erscheinen immer an- dere Namen von „nicht mehr – nie mehr“. Es gibt kein letztes geliebtes Wesen. Nur vorletzte Geschöpfe der Schattenspiele …

Eginald Schlattner

Lieferbare Titel von Eginald Schlattner:

 

 

 

 

Dieter Schlesak: Das Narbenwahre und die Kunst der Rückkehr

Dieter Schlesak: Das Narbenwahre und die Kunst der Rückkehr. Roman. Reihe Epik Bd. 127, 503 Seiten, ISBN: 978-3-86356-346-2, €[D] 29,00

„Also das Einzige, was noch möglich ist heute nach all dem Wahnsinn, sind Irrenromane!“, stellt der Erzähler apodiktisch fest. Nach dem Tod seiner Mutter, der ihn völlig aus der Bahn geworfen hat, hält er sich als „Freigänger“ in einer psychiatrischen Anstalt auf, wo er in einem manischen Schreibprozess versucht, dem zersplitterten Bewusstsein seiner selbst auf den Grund zu gehen, indem er seine ihm mittlerweile abhandengekommene Lebenswelt in den Zeilen auf dem Bildschirm des Laptops „wirklich“, also Text werden lässt: „Und jede schöne alte Erinnerung samt den Gedanken dazu mit ihrer Langsamkeit ist jetzt nur noch im Buch geborgen und zusammengeführt. Was suchst du da? Erleuchtung? Berührung? Dass das Wirkliche identisch sei mit dem Geschriebenen?“ Der abgespaltene Teil seines Ich, das früher am Leben teilhatte, darüber hinaus aber auch die Gegenwart des Erzählers in der Anstalt mitbestimmt, nennt er Michael Terplan: „Und dann sagte mir Terplan, es sei schon so, ich solle nicht erschrecken, er sei ja ich, wenn er da sei, aber es sehe ihn niemand, nur ich, nun ja, er sei einfach ein Gespenst meiner Erinnerung … mein wichtigstes Gespenst … aus der Zeit, als es mich noch gab.“

Um Gespenster jedoch handelt es sich in den hier evozierten Erinnerungen keineswegs, es gibt da keine Spukgestalten, sondern nur die Stimmen all der Toten, die Terplan als nahe Verwandte und Freunde auf seinem Lebensweg begleitet haben und ihm nun wieder – voraussichtlich zum letzten Mal – im wahrsten Sinne des Wortes durch den Kopf geistern: „Praeterita mutare nemo potest … Aber vielleicht stimmt der Spruch gar nicht: Was vergangen ist, kann auch heute noch verändert werden, denn sie sind da, und wenn sie nicht tot sind, kann auch die Vergangenheit nicht vergangen sein. Auch deshalb bin ich von diesem Experiment fasziniert, die Vergangenheit darf, wie die Zukunft, nicht vergangen sein.“ Und so bricht er, vom Klinikpersonal argwöhnisch beäugt, Tag für Tag unverdrossen auf, um sich im Zuge seiner gedanklichen Rückkehr des gesamten biografischen Ballastes zu entledigen und frei zu werden für das „Offene“, das er in den Gesprächen mit den Toten sucht und bei seinem eigenen Tod zu erreichen hofft: „Das wäre ein Entkommen aus der eigenen schmerzlichen Biografie; wenn der quälende Berg von Erinnerung, Tradition, Vaterordnung samt Begrifflichkeit und bis hin zu den Kriegen und Ideologien verlassen ist, gibt es den offenen neuen Augenblick, das Unbetretene.“

Der Wahnsinn, der dem Erzähler zusetzt, bezeichnet nämlich nicht allein seine persönliche Verfassung als Patient in einer Nervenheilanstalt, sondern ist vielmehr und hauptsächlich symptomatisch für das ganz reale Geschehen während des 20. Jahrhunderts, das auch sein Leben geprägt und mit den Katastrophen der beiden Weltkriege, der zwei Diktaturen sowie der systematischen physischen und psychischen Auslöschung von Millionen Menschen bis in Terplans alltägliches Umfeld und seine Familie hineingereicht und auch ihn von Kindertagen an für das weitere Leben geschädigt hat.

Zwangsläufig greift der Autor bei diesem Experiment der geistigen Befreiung und gleichzeitigen Öffnung für Übersinnliches, ja letztlich für das Numinosum, auch auf eine ganze Reihe autobiografisch geprägter Szenen zurück, die seinen Lesern aus den Romanen Vaterlandstage und TranssylWAHNien bekannt sein dürften, doch werden sie hier in einem völlig anderen Kontext, also auch mit einer völlig anderen Zielsetzung neu zusammengefügt: „Zähl die Jahre. Jetzt sind sie da. Die Kuckucksuhr mit dem Holzkuckuck, der schlug viertelstundenweise den Tod an, verneigte sich davor, bunt.“ Denn im Exitus letalis erkennt der Erzähler nun die einzige Möglichkeit einer „Heimkehr“ – „auch wenn es keiner glauben will“. Und resümiert angesichts der bevorstehenden Elektroschocks, die ihn seines Gedächtnisses berauben werden, nicht nur voller Angst vor den Schmerzen, sondern auch voller Zuversicht auf das baldige Verschmelzen im Tod mit dem EINEN: „Was bleibt? Zeit ist reine Illusion; es gibt sie nicht, nur unser Älterwerden, das aber lässt sich nicht so einfach berechnen … Jahre … Unsinn … Nichts mehr kann mir passieren, es ist ja schon passiert.“ Was aber tatsächlich bleibt, hat der Dichter Dieter Schlesak gestiftet: seinen nun posthum veröffentlichten Roman „Das Narbenwahre und die Kunst der Rückkehr“.

Lieferbare Titel von Dieter Schlesak:

  • Poesie/poésie Zeitgenössische Dichtung aus Frankreich und Deutschland ISBN: 3-937139-00-1. 168 Seiten:14,5 × 20,5 cm. 14,00Eur[D] / 15,00 Eur[A] / 24,40 sFr.
  • Rodica Draghincescu: Schreibenleben. (FRAGMENTARIUM Sammlung) Literaturkommentar in ungewöhnlicher Form: Interviews mit Kulturpersönlichkeiten.  Format 14,0 x 20 cm, ca. 320 Seiten, ISBN: 3-937139-03-6. Preis: 23,60 Euro.
  • Romaniţa Constantinescu, (Hrsg.), Im kalten Schatten der Erinnerung. Eine Anthologie zeitgenössischer Prosa aus Rumänien.  (EPIK- Sammlung); 332 Seiten, ISBN: 978-3-937139-76-0, €[D] 20,00
  • Nichita Stănescu: Elf Elegien. Gedichte, (LYRIK Sammlung) 75 Seiten, 20,0 × 14,0 cm; ISBN: 3-937139-06-0; Preis: 12,70 Euro.
  • Namen Los, Liebes- und Todesgedichte. (LYRIK- Sammlung); 119 Seiten, 20,0 × 14,0 cm; ISBN: 978-3-937139-30-3, €[D]14,20
  • Vlad. Dracula – Korrektur. Roman. (EPIK- Sammlung); 200 Seiten, 20,0 × 14,0 cm; ISBN: 978-3-937139-36-2, €[D]16,20
  • VLAD, DER TODESFÜRST. Die Dracula-Korrektur. 2., neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Roman. (EPIK- Sammlung); 206 Seiten, 14,0 × 20,0 cm; ISBN:  978-3-937139-57-9. €[D]16,20.
  • DER TOD UND DER TEUFEL. Materialien zu „VLAD, DER TODESFÜRST. Die Dracula-Korrektur“ (FRAGMENTARIUM- Sammlung); 232 Seiten, 14,0 × 20,0 cm;  ISBN: 978-3-937139-75-3;  €[D]16,00
  • Heimleuchten, (LYRIK- Sammlung); 120 Seiten, 14,0 × 20,0 cm; ISBN:  978-3-937139-77-7. €[D]14,40.*Eine Vorzugsausgabe ist erschienen. (Ludwigsburg: Pop, 2009 ISBN: 978-3-937139-78-4). Die Exemplare, von 1 bis 60 nummeriert, wurden auf Munken Print Cream 115g/qm 1,8-faches Volumen Papier gedruckt (Umschlag: 250g/qm SoporSet, Schutzumschlag: 160g/qm SoporSet), und vom Autor einzeln signiert.
  • Heimleuchten, (LYRIK- Sammlung); 120 Seiten, Vorzugsausgabe. Die Exemplare, von 1 bis 60 nummeriert, sind auf Munken Print Cream 115g/qm 1,8-faches Volumen Papier gedruckt (Umschlag: 250g/qm SoporSet, Schutzumschlag: 160g/qm SoporSet), und vom Autor einzeln signiert.; ISBN:  978-3-937139-78-4. € [D] 30,00
  •  Jürgen Egyptien, George Guţu, Wolfgang Schlott, Maria Irod (Hrsg.) SPRACHHEIMAT. Zum Werk von Dieter Schlesak in Zeiten von Diktatur und Exil. ISBN: 978-3-937139-85-2. 29,90 Euro.
  • Licht Blicke. (Lyrik- Sammlung) 115 S. ISBN: ISBN: 978-3-86356-044-7, € [D] 14,80– € [AT] 15,– SFr [CH] 22,–
  • Horst Samson (Hrsg.):  Heimat – gerettete Zunge. Visionen und Fiktionen deutschsprachiger Autoren aus Rumänien. Eine literarische Begegnung. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wolfgang Schlott. (UNIVERSITAS Sammlung) 373 S. ISBN:  978-3-86356-051-5, € [D] 25,– € [AT] 25,– SFr [CH] 35,–
  • TRANSSYLWAHNIEN. Roman. Die POP-Verlag-Epikreihe; Bd. 54. 348 Seiten, ISBN 978-3-86356-090-4; €[D]18,20
  • “EIN BUCHSTAB BLEIBT Auf grünem Zweig”. Tagebuchgedichte und ein Essay. Die POP-Verlag-Lyrikreihe; Bd. 73; ISBN 978-3-86356-101-7; 154 Seiten; €[D]17,80
  • LYRIKARCHÄOLOGIE. Gedichte und Gedanken. Reihe Lyrik Bd. 152, 226 Seiten, ISBN: 978-3-86356-313-4, €[D]19,90
  • Das Narbenwahre und die Kunst der Rückkehr. Roman. Reihe Epik Bd. 127, 503 Seiten, ISBN: 978-3-86356-346-2, €[D] 29,00

 

 

Horst Samson: In der Sprache brennt noch Licht

Horst Samson: In der Sprache brennt noch Licht. Gedichter. Lyrikreihe Bd. 165; ISBN 978-3-86356-337-0; 195 Seiten, €[D]19,90

Jeder Dichter vagabundiert wie Odysseus durch die Jahr- hunderte, über die Meere und durch alle Himmeln, durch seine Ruinen und Siege, streift durchs Universum wie der Wind, von da nach dort und zurück, erkannt nur von seinem Hund. Aber an einem Ort der Welt, da braucht er ein Stück Land, Papier, auf dem ein Unbehauster seine Sprach- burg bauen kann, trutzig, aus Ziegeln, Zeilen und all den Erinnerungsfetzen, aus wichti- gem Nichtigem und nichtigem Wichtigem, aus Sequenzen, Glück und Ewigkeiten, aus Farben, Tönen, Strichen, aus viel Licht und mit großen Fenstern, Stein auf Stein.
Horst Samson

Lieferbare Titel von Horst Samson:

Dagmar Dusil / Ioana Ieronim: Beleuchtete Busse in denen keiner saß / Şi trec autobuze goale

Dagmar Dusil / Ioana IeronimBeleuchtete Busse in denen keiner saß / Şi trec autobuze goale. Gedichte. Illustration:  . Nachwort von Emil Hurezeanu. Reihe Lyrik Bd. 164, 124 Seiten,  ISBN 978-3-86356-339-4; €[D]19,90

Für die rumänische Übersetzung der Gedichte Dagmar Dusils zeichnet Ioana Ieronim, deren Gedichte aus dem Rumänischen von Dagmar Dusil ins Deutsch übertragen wurden. Der Ferndialog, der während der Zeit der Pandemie zwischen Bamberg und Washington D.C. stattgefunden hat, beinhaltete nicht nur den Austausch der Gedichte sondern auch eine intensive und fruchtbare Zusammenarbeit während der Übersetzungsphase.

Dies ist in tieferem Sinn nicht bloß ein zweisprachiger Gedichtband. Zwei Dichterinnen, Dagmar Dusil und Ioana Ieronim und dann von neuem Ioana Ieronim und Dagmar Dusil, wechseln, einander ergän- zend, mit ihrer menschlichen und poetische Sprache ab, rebellieren gemeinsam und jede für sich in ihrem eigenen linguistischen und metaphorischen Original, aber auch in dessen Spiegelbild in der Übersetzung, in einem Tandem kräftiger und verblüffender Zärtlichkeit, Melancholie, Wut. Ihre Poesie stellt sich dem Tod, der diesmal, wie in einem Gedicht von Dagmar Dusil, eine Krone trägt.
Ioana Ieronim lebt in Rumänien, aber auch in den USA.
(…)
Dagmar Dusil ist eine unverwechselbare Schriftstellerin. Ge- boren in Hermannstadt, ist sie Deutsche und in Rumänien aufgewachsen, wo sie ihre poetische Sensibilität kultiviert hat. Bei der Umsiedlung nach Deutschland ging sie in die eigene Topografie der deutschen Kultur und Sprache über. Sie kehrt immer wieder aus Bamberg nach und zu Her- mannstadt zurück durch Bücher poetischer Erinnerungen, ganz gleich, ob sie über Straßen, Plätze, Fenster oder städtische Gesellig- keit schreibt: Restaurants, Aromen, Düfte, frühere und aktuelle Namen der Straßen.
(…)

Hier präsentieren sich zwei befreundete Dichterinnen, lyrisch und kulturell blutsverwandt, kongenial in der sorgfältig geteilten Empathie durch die Übersetzung der anderen sowie in einer Art metaphorischer Panik, die gut beherrscht und fast würdig daherkommt inmitten einer bedrohlichen und vergebenden Welt. Noch. Zumindest bis jeden- falls und zum Glück dieser wunderbare Gedichtband erschienen ist.

Hinzu gesellen sich die Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Gerhild Wächter, die an die Kriegsgrafik von Picasso erinnern. Präzise ausgeführt, setzen sie sich eher selbst als den sie umgebenden Gedichten einen robusten und notwendigen Kontrapunkt.
Meine älteren oder neueren Freundinnen, denen ich mal näher stand, mal von ihnen mitleidlos getrennt war durch Jahre, Orte, unsere Bücher und Bücher anderer, kehren jetzt gemeinsam zurück und umarmen unsere Erinnerungen, das frühere, aber auch das neue, unbekannte Leid. Ein sicherer und Wunder wirkender Impfstoff.
Emil Hurezeanu

Lieferbare Titel von Dagmar Dusil

Lieferbare Titel von Ioana Ieronim:

Lieferbare Titel von Gerhild Wächter:

Eginald Schlattner: Drachenköpfe

 

Eginald Schlattner: Drachenköpfe

Roman. ISBN: 978-3-86356-308-0, Reihe Epik Bd. 116, 189 S., €[D]19,50

„Ich spürte das Mühlrad in meinem Kopf. Verwirrt fragte ich mich: Was nun? Womit beginnen? Was sagen? Was nicht? Viele Jahre waren vergangen, seit ich ohne Abschied und ohne Ausrede das Drachenhaus in Kronstadt verlassen hatte.
Wo sie, Anita Mirjam, mich aufgenommen hatte, aufgelesen von der Straße, und wo wir in zwei Dachstübchen nebeneinander gehaust hatten, jeder beschirmt vom Drachenkopf eines Wasserspeiers, Klingsors Lindwürmern, die hoch über der Schwarzgasse im Grünspan aufleuchteten.“ Eginald Schlattner

In Transsylvanien ist nicht nur der allseits bekannte Dracula als historisch-reale, vor allem aber als mythisch-fiktionale Gestalt beheimatet, sondern auch der mittelalterliche Sänger und Zauberer Klingsor. Hält er sich in Kronstadt auf, dann erglühen die Drachenköpfe an den Dachtraufen seines Hauses in der verwinkelten Altstadt, gemeinhin „Drachenhaus“ genannt. Angeregt von Iris Wolffs gleichnamiger Erzählung, die nach dem Ende der kommunistischen Diktatur 1989 angesiedelt ist, erinnert sich Eginald Schlattner in seinem neuen Roman an die alles andere als friedvollen frühen 1960er-Jahre, als auch er kurzfristig im Drachenhaus Unterschlupf findet. Und selbst wenn sich der Zauberer Klingsor zu dieser Zeit nicht in der siebenbürgischen Stadt im Karpatenbogen aufhält, die Dachtraufen also nicht erglühen, geschieht immer wieder nie Dagewesenes, treten immer wieder Figuren in Erscheinung, deren Verhaltens- und Handlungsweisen nicht selten drachenhafte Züge offenbaren.

Wenn die jüdische Harfenspielerin Svetlana, aufgewühlt durch die Lektüre von Elie Wiesels „Die Nacht zu begraben, Elischa“, zum ersten Mal über ihre Internierung in den Konzentrationslagern Theresienstadt und Buchenwald berichtet, wenn die bessarabische Bojarin Anastasia, die jahrelang einen deutschen SS-Offizier als ihre vermeintlich schwer kranke Mutter versteckt gehalten hat, ihn nach seinem Tod unerkannt zu begraben versucht oder wenn der Securitate-Major Blau nach der Erkundung eines unterirdischen Geheimgangs, der von der Stadtmauer zum Drachenhaus führt, plötzlich aus dem Untergrund im Lesezirkel der Hausbewohner auftaucht, verdichten sich die Geschehnisse zu einer greifbaren Vergegenwärtigung jener düsteren, beklemmenden Zeit.

Obwohl einige der Gestalten den treuen Lesern Eginald Schlattners bereits aus seinen vorherigen Büchern bekannt sein dürften, etwa die engere Familie oder der Vernehmungsoffizier vom Geheimdienst nebst seiner eigenwilligen Nichte, gewinnt der Autor ihnen überraschend neue Facetten ab, indem er sie in einem gewandelten Kontext agieren lässt, nämlich in einer unerfüllten, weil einseitigen Liebesbeziehung zwischen der Pfarrerstochter Anita Mirjam und dem Ich-Erzähler, die nach einem tragischen Unfall der jungen Frau, der sie an den Rollstuhl fesselt, in der Mahnung und Erkenntnis gipfelt: „Du bist für das Antlitz des anderen verantwortlich.“

Eginald Schlattner bietet hier erneut ein ebenso lebendiges wie berührendes transsylvanisches Panorama und Panoptikum.

Lieferbare Titel von Eginald Schlattner:

 

 

Albert Bohn und Anton Sterbling (Hrsg.): Deportationen. Literarische Blick­winkel

Albert Bohn und Anton Sterbling (Hrsg.): Deportationen. Literarische Blick­winkel. Reihe Fragmentarium Bd. 23, 277 S,.ISBN 978-3-86356-333-2, €[D]21,00.

| Albert Bohn | Rolf Bossert| Helmuth Frauendorfer | Ilse Hehn | Johann Lippet | Traian Pop Traian | Horst Samson | Hellmut Seiler | Anton Sterbling | Richard Wagner | Balthasar Waitz |

Deportationen, insbesondere in die Sowjetunion im Januar 1945 und in die Bărăgan­steppe im Frühsommer 1951, bilden einschneidende Geschehnisse in der wechselhaften und leidvollen Geschichte der Deutschen aus Rumänien im 20. Jahrhundert. Zugleich handelt es sich um lange Zeit in der öffentlichen Diskussion und in der Literatur im kommunistischen Rumänien tabuisierte Themen. Diese Anthologie versammelt ältere und neuere literarische Arbeiten zum Problemkreis der Deportationen, die von ehema­ligen Mitgliedern der „Aktionsgruppe Banat“ wie auch Angehörigen ihres Freundes­kreises stammen. In dem Band sind mit Gedichten oder Prosatexten: Albert Bohn, Rolf Bossert, Helmuth Frauendorfer, Ilse Hehn, Johann Lippet, Traian Pop, Horst Samson, Hellmut Seiler, Anton Sterbling, Richard Wagner und Balthasar Waitz vertreten.

Lieferbare Titel von Anton Sterbling:

 

Béla Büchl: Vertrauliche Nachricht

Béla Büchl: Vertrauliche Nachricht. Biografische Erzählungen. Aus dem Ungarischen von Andrea Schäffer. Reihe Epik Bd.123, Kartoniert mit Schutzumschlag, 353 Seiten
ISBN 978-3-86356-331-8, €[D]24,50

Der im rumänischen Banat geborene Autor Béla Büchl blickt in humoristischer Weise auf prägende Stationen in seinem Leben zurück. Schauplätze sind das kommunistische Rumänien der Nachkriegsära, Bayern als neue Heimat nach der Aussiedlung in die Bundesrepublik in den späten Siebzigerjahren, und schließlich der Bakony in Westungarn, wo – nun schon in der postkommunistischen Zeit – ein vom Autor erworbenes und ausgebautes Bauernanwesen, das als Sommerresidenz dient, zum Austragungsort für interkulturelle Verständigung wird.

Béla Büchl, Jahrgang 1938, wurde in Detta im rumänischen Banat als ältester Sohn einer angesehenen deutsch-ungarischen Familie geboren. Die einst wohlhabende Familie wurde nach dem Krieg enteignet und 1951 in die Bărăgan-Steppe deportiert. Der Autor, damals 13 Jahre alt, erlebte in der Deportation eine prägende Zeit, weil er unter anderem fünf Jahre von allen schulischen Einrichtungen ausgeschlossen war. Nach der Befreiung aus der Zwangssiedlung studierte er am Konservatorium in Bukarest Gesang. 1978 ist er mit seiner Familie in die Bundesrepublik ausgereist, wo er an seinem neuen Wohnort München bis zu seiner Pensionierung Musik an einem Privatgymnasium unterrichtete. Béla Büchl lebt in München.

Lieferbare Titel von Béla Büchl:

  • Vertrauliche Nachricht. Biografische Erzählungen. Aus dem Ungarischen von Andrea Schäffer. Reihe Epik Bd.123, Kartoniert mit Schutzumschlag, 353 Seiten
    ISBN 978-3-86356-331-8, €[D]24,50

Johann Lippet: Beziehungsweise(n). Gedichte & Geschichten

Johann LippetBeziehungsweise(n). Gedichte & Geschichten

Reihe Epik Bd. 115, 185 Seiten, ISBN: 978-3-86356-307-3; € [D]18,50

Ich kehre immer wieder zurück. Wie der Täter an den Tatort. Der Vergleich hinkt, ich weiß, es fühlt sich aber so an.
Wie oft ich konkret zurückgekehrt bin, läßt sich an den Fingern ab- zählen. Vielleicht war es auch mehr als zehnmal, vielleicht auch weniger. Das spielt doch überhaupt keine Rolle. In Gedanken bin ich in den letzten zweiunddreißig Jahren immer wieder zurückgekehrt, und das zählt.
Und bei diesen meinen Rück- kehren kehre ich weder nach Ru- mänien zurück, noch ins Banat, sondern in mein Dorf, in dem ich die letzten dreizehn Jahre bis zu meiner Emigration nach Deutsch- land gar nicht mehr gelebt habe, nur noch bei meiner Mutter zu Besuch gewesen bin.
Mein Dorf! Das ist keine An- maßung, das kann ich ruhig so sagen und hier so stehen lassen, weil Wiseschdia, im westlichen Zipfel des Banats unweit der serbischen Grenze gelegen, nur in meinem Kopf so existiert. Auch als Idylle.

Gedichte und Geschichten in einem Band. Warum wohl?
Die Gedichte unter dem Titel Redensarten verhandeln, was Gedichte schon immer verhandelten: Befindlichkeiten in bezug auf Erlebtes. Im ersten Zyklus, Lichtblicke, Schattenblicke, sind Natur, Alltag, der Schreibakt Gegenstand poetischer Reflexion, im zweiten Zyklus, U.a. eine Frage des Ver- gangenheitsbewältigung, sind es die Kindheit auf dem Dorf und die Emigration aus Rumänien nach Deutschland.
An diesen zweiten Gedichtzyklus knüpfen die Geschichten in Anläufe an. Die erste und längste, Die Geschichte von Anna und Jakob, erzählt in geraffter Form die Familiengeschichte der Eltern und unter welchen Umständen die sich infolge des Zweiten Weltkriegs kennenlernten, die anderen erzählen, unter Einbeziehung geschichtlicher und sozialpolitischer Aspekte, vom Heimatdorf, vom Hausgarten, von prägenden Erinnerungen an eine Kuh, an Hunde und Katzen, einen Teich und eine Silberpappel. Die beiden letzten Geschichten, Vom Auftauchen meines Ururgroßvaters und Gelder, thematisieren den sogenannten Freikauf der Deutschen aus Rumänien durch die Bundesrepublik Deutschland. (Johann Lippet)

 

 

 

Lieferbare Titel von Johann Lippet

  • Migrant auf Lebzeiten, Roman (EPIK- Sammlung) 226 Seiten, ISBN:  978-3-937139-56-2 €[D]15,90
  • Dorfchronik, ein Roman, (EPIK- Sammlung) 789 Seiten, ISBN:  978-3-937139-99-9 €[D]25,90
  • Der Altenpfleger, Zwei Erzählungen. (EPIK- Sammlung) 259 Seiten, ISBN:  978-3-86356-012-6 €[D] 13,20,
  • Tuchfühlung im Papierkorb. Ein Gedichtbuch. (Lyrik- Sammlung) 168 Seiten, ISBN:  978-3-86356-034-8 €[D] 17,20
  • BAWÜLON – Süddeutsche MATRIX für Literatur und Kunst, Nr. 4/2011 (4). 114 Seiten, ISSN: 2192-3809; €[D] 7,00 Johann Lippet 60 Johann Fischart • Renarius Flabellarius (Fischart-Fan, id est Rainer Wedler) • Hellmut Seiler • Johann Lippet *„Wir werden wie im Märchen sterben“, Aktionsgruppe Banat * Dieter Scherr • Safiye Can • Norbert Sternmut •     Ferdinand Wedler • Carsten Piper • Uli Rothfuss • Rainer Wedler • Henning Schönenberger • Barbara Zeizinger u.a.
  • Bruchstücke aus erster und zweiter Hand. Roman. (Epik- Sammlung) 251 S. ISBN:  978-3-86356-050-8 €[D] 15,00
  • Horst Samson (Hrsg.):  Heimat – gerettete Zunge. Visionen und Fiktionen deutschsprachiger Autoren aus Rumänien. Eine literarische Begegnung. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wolfgang Schlott. (UNIVERSITAS Sammlung) 373 S. ISBN:  978-3-86356-051-5, € [D] 25.00
  • Kopfzeile, Fußzeile.Gedichte&Variationen. Pop Lyrik. 70 Seiten, ISBN 978-3-86356-140-6, 13,80€
  • Wegkreuze. Beobachtete, gehörte, gelesene und andere Geschichten. ISBN: 978-3-86356-180-2, 102 Seiten, 13,80€
  • Franz, Franzi, Francisc. Romanfragment. (Nebst Arbeitsnotizen und Annotationen). Die POP-Verlag-Epikreihe, Bd. 100, 176 Seiten, ISBN: 978-3-86356-246-5; € [D]16,90
  • Beziehungsweise(n). Gedichte & Geschichten. Reihe Epik Bd. 115, 185 Seiten, ISBN: 978-3-86356-307-3; € [D]18,50

Anton Sterbling: Die versunkene Republik

Anton SterblingDie versunkene Republik
Erzählungen. Reihe: EPIK, Bd. 119. ISBN 978-3-86356-321-9, Pop Verlag, Ludwigsburg 2021, 280 Seiten. €[D]18,50.

Die acht Erzählungen sind über einige Motive und einzelne Gestalten lose miteinander wie auch hintergründig mit bestimmten Erzählsträngen des ersten Bandes „Klimadelirium und andere furchtbare Erzählungen“ verbunden, wie der aufmerksame Leser erkennen wird. Sie handeln vom gescheiterten Gründungsversuch einer »Banater Republik« nach dem Ersten Weltkrieg, erzählt hundert Jahre später von einem Stadtschreiber in einem Kirchturm; von einem vormals wohlhabenden serbischen Kaufmann, der in der Bărăganverschleppung vermutlich aus Habgier und Rache ermordet wurde; vom sechzehnjährigen Sohn eines Ersten Parteisekretärs, der in einem Kurort in den Westkarpaten Selbstmord beging sowie dem weiteren erstaunlichen Lebens- und Karriereverlauf seines Vaters; von der Kindheit, Jugend und dem weiteren Lebensweg eines Banater Schwaben, der nicht mit seiner Familie aussiedeln wollte, sondern bei einer Armeemannschaft Fußball spielte und Unteroffizier wurde; von einem Studenten der Geschichtswissenschaft, dem sein besonderes Interesse an der Geschichte der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkriegs zum Verhängnis wurde und der daher aus Rumänien floh sowie von dessen merkwürdigen, in diese Geschichte verwickelten rumänischen Verwandten; von einem vom Militärdienst entlassenen jungen Deutschen, der, nicht ganz unverschuldet, auf Grund verhängnisvoller und verwirrender Umstände in den späten Jahren der Ceauşescu-Diktatur, ins Gefängnis kam; von einem rumänischen Schriftsteller, den die Gespenster und langen Schatten der Vergangenheit bis ins Exil verfolgten; und schließlich von einem habilitierten Historiker, der mit seiner militärgeschichtlichen Spezialisierung in eine berufliche Sackgasse geriet, der aber später einen anderen Karriereweg findet, der ihn in seine alte Heimat in Südosteuropa zurück führt.

 

Lieferbare Titel von Anton Sterbling:

Dieter Schlesak: LYRIKARCHÄOLOGIE. Gedichte und Gedanken

Dieter Schlesak: LYRIKARCHÄOLOGIE

Gedichte und Gedanken

Reihe Lyrik Bd. 152, 226 Seiten, ISBN: 978-3-86356-313-4, €[D]19,90

Sie gehen wieder ein
die Splitter / in Sprache verwahrt
denn die Schärfen verwunden nicht mehr
sie sind in die Fernen gestellt
zum ganzen Leben gebracht
als ließe sich plötzlich begreifen
was fehlt
Dieter Schlesak: Lyrische Notiz

Hier ist, um mit Musil zu reden, nicht nur eine neue Seele da, sondern auch der dazugehörige Stil. Das vitale Sprach- und Erfahrungsmaterial ist in großräumige Rhythmen übersetzt, die in der Ferne die Zentnerschwere einer lyrischen Tradition von Gryphius bis Günter und Klopstock ahnen lassen, bei denen die Form gerade noch die alles sprengende Erfahrung fasst … Man möchte auf die formale und sprachliche Kunstleistung hinweisen, auf die Vielfalt der Themen –
und könnte doch nur sagen: Ecce Poeta.
Walter Hinderer, Frankfurter Allgemeine Zeitung

 

 

„Gott weiß mich hier“. Radu Carp im Gespräch mit Eginald Schlattner

 „Gott weiß mich hier“. Radu Carp im Gespräch mit Eginald Schlattner

Aus dem Rumänischen übersetzt von Edith Konradt und überarbeitet von Eginald Schlattner.  Reihe Fragmentarium, Bd. 20, 239 S., ISBN 978-3-86356-311-0, €[D]19,50 

Das Interview wurde im Spätsommer 2017 in der Reha-Klinik von Dr. Petru Oprean in Schäßburg auf Rumänisch geführt, im Herbst 2017 auf dem Pfarrhof in Rothberg umgeschrieben und
im Januar 2018 abgeschlossen.

Pfarrer zu sein ist nicht irgendein Beruf, eine weltliche Angelegenheit von gut gemeisterter Routine, der zufolge du dich, wenn du auf dem Land leben willst, zwischen Agraringenieur und Pfarrer entscheidest. Pfarrer zu sein ist eine Berufung, die Rechenschaft vor Gott erfordert.
Ich wohne in einem Pfarrhaus, mit dessen Bau vor 1530 begonnen wurde und das heute von Gärten und einem Park umgeben ist, wo die Bäume mich kennen, der ich ohne Familie geblieben bin. Immer wieder werde ich gefragt, weshalb ich nicht ausgewandert bin wie über 90 Prozent meiner siebenbürgisch-sächsischen Landsleute. Als Pfarrer habe ich diesem Exodus mit Kümmernis im Herzen zugesehen. Stellen Sie sich vor, dass ich, nachdem ich erst 1978 ins Amt eingeführt worden war, in den Jahren 1990 bis 1991 plötzlich ohne Kirchengemeinde zurückblieb. Ich antworte mit einer Replik, die auch Credo ist: „Man verlasse den Ort des Leidens nicht, sondern handle so, dass die Leiden den Ort verlassen!“
Aber ich weiß auch das andere: dass Gott mich hier bei meinem Namen gerufen hat, mich hier kennt. Dass Gott mich hier weiß, ja, dass Gott mit mir an diesem Ort rechnet!
Und hier gibt es Menschen, die mir nahestehen, die mich brauchen. Und einige, die mich lieben. Von diesem Ort weiche ich nicht.
Eginald Schlattner

Gemeinsam mit Eginald Schlattner habe ich versucht herauszufinden, welche Bedeutung die Religion, der er jahrzehntelang mit Hingebung diente, heute noch hat. Wir haben auch die Beziehungen zwischen der evangelischen und den anderen christlichen Konfessionen erörtert und manche Leser werden erstaunt sein, wenn sie die enge Verbindung Eginald Schlattners zur Orthodoxie entdecken. Außerdem bekräftigt er 500 Jahre nach Luthers Reformation, dass alles, was er gepredigt habe, auch nach dem Verschwinden der letzten Siebenbürger Sachsen in Rumänien fortdauern werde. Es sei die Sprache, die den Bestand der Religion sichere. Eine überraschende Feststellung: Sollte die Sprache ein metaphysisches Vehikel und als solches bestimmt sein, die Religion über ihre Grenzen hinauszutragen? Auf diese Frage findet sich die Antwort im vorliegenden Buch.
Radu Carp

Lieferbare Titel von Eginald Schlattner:

Eginald Schlattner: Wasserzeichen. Ersonnene Chronik. 2. Auflage 2020.

Eginald Schlattner: Wasserzeichen.  Ersonnene Chronik. 2. Auflage 2020. ISBN: 978-3-86356-216-8, Reihe Epik Bd. 87, 628 S., €[D]29,00

Eine kurze Darbietung zu WASSERZEICHEN, mein letztes Buch, so und anders. Selbst wenn es bereits Gewusstes enthält, betrachte man es als ein abschließendes Gedächtnisprotokoll.

Die Erlebnisse der letzten zwei Jahre am Deutschen Lyzeum in Kronstadt/Stalinstadt und der Sommer danach aus der Zeit im Niemandsland -zwischen Bakkalaureat/Matura und wie weiter, was nun? – spielen eine zentrale Rolle in diesem Buch – verfremdet und doch durchscheinend, eben Wasserzeichen. Die Bemühungen um eine „versöhnte Vergangenheit“ sind mit ein beunruhigendes Anliegen.

Jedoch: Ist ein Buch gedruckt, angehört es nicht mehr dem Verfasser.

Es ist in die Hände der Welt gelegt. Und verwandelt sich im Guten, im Unguten durch die, die es Lesen, wächst auf alle Fälle über sich hinaus.

Doch nachdem es heißt, der Heilige Geist Gottes hat sein Wohlgefallen an gelungenen kulturellen Schöpfungen, sage ich:

Gott befohlen.

Zu mir ein Wort:

Für mich stand das vergangene Jahr unter dem Zeichen von ‚fallen‘, war gezeichnet von „Missfällen“:

Arbeitsunfall in der Kirche beim Friedensgebet. Und dann weiter: Nach dem Hinfall unselige Fälle und Vorfälle noch und noch. Auch ein Todesfall.

Nun also: Ausfälle ja!

Aber kein Wegfall: Jeden Sonntag halte ich Gottesdienst, allerdings vor den Menschenkindern aus den Lehmhütten beim Bach. Evangelische Deutsche sind wir noch vier Greise zu begraben. Selbst die Toten sterben aus.

Dazwischen wahrlich das Ganze metphysisch überhöht von Glücksfällen.

Und wie wir es glauben wollen: Alles in allem kein Unfall! Sondern eine Kette von Fügungen. Denkbar auch als Weg Gottes da hinaus, um nachzudenken, was am Ende der Biographie als Sündenfall benannt werden sollte und vielleicht in letzter Stunde wiedergutgemacht werden kann. Über dem Portal meiner Kirche (1225) steht in Marmorlettern: Weise mir, Herr, DEINEN Weg.“

Leider Rückfall vor einem Monat, unerträgliche Schmerzen. Es geschah eines Abends wie aus heiterem Himmel, wahrlich ein Überfall. Ich tappe neuerlich mit dem Gestell zwischen Bett, Bad, Büro meines Weges.

Traumziel bleibt, wieder mit dem flotten Krückstock, wie im Sommer, hochgestimmt dahinzuwallen, so zB von der Küche bis zur Kirche, unbegleitet!

Ansonsten beschirmt Tag und Nacht die Haustochter Carmen Bianca Trandafir mit viel Lachen und in Liebe. Die sich vor sieben Jahren, spitalsreif geschlagen, aus der Lehmhütte vom Bach eines Nachts auf den Pfarrhof gerettet hat, wissend um die offene Tür hier. Ich sagte: „Bleib!“

Nach 12 Jahren ist es soweit:

Am 16 März 2018 um 17:30 stellt Frau Dr. Edith Konradt das Buch vor: Wasserzeichen. Leipziger Buchmesse, Stand Rumänien.

Selbst Manuskripte haben ihre Schicksale. Befragt im Interview über die Anfänge 2006 konnte ich mit einer Erinnerung aufwarten, die stimmig ist, aber nicht stimmen muss.

Man vergesse nicht: Als Gemeindepfarrer, beginnend mit 1978 und seit 1991 landesweit als Gefängnisseelsorger, geschieht alles Schreiben zwischendurch.

Schon die Abfolge der Titel: Die 7 Sommer meiner Mutter, Die Stacheln der Kastanie – ersonnene Chronik, Bruchstriche und schließlich WASSERZEICHEN erweisen die vielerlei Konversionen des Textes. Die Widmung ist durchgehend: MIR.

Im Nachspann ist zu lesen:

Aufgeschrieben zwischen 2006 und 2017 im orthodoxen Nonnenkloster Sfântu Spiridon am Walde und auf dem evangelischen Pfarrhof in Rothberg bei Hermannstadt in Rumänien.

Ad maiorem Gloriam Dei!

Danksagung gilt Frau Dr. Edith Konradt, Geretsried, die in dem verwickelten Text ein „inneres Gesetz“ aufgespürt hat.

Ebenso möchte ich Dank sagen Frau Heidemarie Tamar Ambros, Chemnitz, für die standhafte Begleitung der Niederschrift von den Anfängen her.

Welches das Proprium gegenüber der restlichen siebenbürgischen Literatur sein könnte?

Denkbar, dass es die erlebte Innenansicht eines orthodoxen Nonnenklosters in Rumänien ist.

Und vielleicht die Frage nach Leiden, die man anderen zugefügt hat und wo sich der Ort einer Wiedergutmachung finden ließe, wenn es von Angesicht zu Angesicht zu spät ist.

Zwei verschiedene Versionen hat der Hausverlag Paul Zsolnay, Wien abgelehnt. Jedesmal mit der Begründung, die Niederschrift reiche nicht heran an die drei Romane zwischen 1998 bis 2005: Der geköpfte Hahn, Rote Handschuhe, Das Klavier im Nebel. Man sei darauf bedacht, dass mein „guter Ruf“ als Autor nicht beschädigt werde.

Die Agentur Altas, Bern, an der Spitze die erlesene Dame Katharina Altas, hat geschlagene drei Jahre rastlos versucht, für das Manuskript einen Verlag zu gewinnen.

Post festum haben sich gleich drei Verlage gemeldet.

Darunter der vielstimmige Verlag POP, Inhaber Traian Pop, beheimatet in Rumänien, zu Hause in Deutschland.

Es ist ein letztes Wort am Ende meiner Biografie. Das letzte Wort.

Ob und wie es gehört wird?

Zwei Damen befinden, die den Inhalt am Stück kennen, und jedes Teilstück dazu!

Frau Edith Konradt: „Die Fülle von springlebendigen Gestalten und oft haarsträubenden historischen Gegebenheiten, verdichtet sich zum breiten Zeitgemälde.“

Frau Tamar Ambros: „Langwierig, aber nicht langweilig. Und Wasserzeichen kann den übrigen Büchern ‚das Wasser reichen‘.“

Auf der Himmelsleiter der Geltungen, gewiss, wünsche ich meinen Büchern einen würdigen Platz. Aber auf den obersten Sprossen der Skala gilt für mich, den Geistlichen, als triftig ungleich anderes.

Denn: Meiner Seele Seligkeit hängt nicht von den Büchern ab.

Klappentexte

Eginald Schlattners „Wasserzeichen“ bewegen sich zwischen den literarischen Genres und setzen zwei Erzählebenen sowohl gegeneinander als auch parallel. Auf der ersten, die in einem rumänischen Nonnenkloster angesiedelt ist, geht der Autor an „gottdurchlässiger“ Stelle der ihn lebenslang bedrängenden Frage von Schuld und Vergebung nach. Wobei er gleichzeitig ein ebenso einprägsames wie skurriles Bild vom orthodoxen Klosterleben entwirft. Aus dieser Gegenwart blickt er zurück auf die Gymnasialjahre in Kronstadt, damals Stalinstadt, und die Menschen, die ihm am nächsten gestanden sind. Die Fülle von springlebendigen Gestalten und oft haarsträubenden historischen Gegebenheiten, die in Form einer Romanhandlung Revue passieren, verdichtet sich zum breiten Zeitgemälde der stalinistischen Willkürherrschaft in Rumänien, die als nachhaltige Bedrohung zum Greifen nahe heraufbeschworen wird.

Eginald Schlattner, geb. 1933 in Arad/Rumänien, evangelischer Pfarrer und Schriftsteller deutscher Sprache. Betreut seit 1991 als Gefängnisseelsorger Straftäter verschiedener Konfession in den Haftanstalten des Landes.

Verurteilt in den 50er Jahren als Student in einem politischen Prozess, arbeitete er nach der Entlassung als Ziegelbrenner, bei einer Staatsfarm, an einem Bahnbau, ehe er 1969 das Studium der Hydrologie abschließen durfte. Vier Jahre später sagte er dem Ingenieurberuf ab und studierte Theologie. Nach dem blutigen Ende der Diktatur 1989 erschienen zwischen 1998 und 2005 im Zsolnay Verlag, Wien, die Romane: Der geköpfte Hahn, Rote Handschuhe, Das Klavier im Nebel. Vielfach Übersetzungen, darunter in die Kontinentalsprachen spanisch, portugiesisch, russisch, Neue Auflagen, Verfilmungen.

Rote Handschuhe, das die zwei Jahre Zellenhaft bei der Securitate in Stalinstadt thematisiert, heute Kronstadt/Brasov, figuriert unter den hundert besten in deutscher Sprache geschriebenen Büchern 1999-2001 (Goetheinstitut, Internationes).

Weitere Publikationen: Mein Nachbar, der König und Odem (Schiller Verlag, Hermannstadt/Sibiu, 2013). Zuletzt Wassserzeichen (Traian Pop Verlag, Ludwigsburg, 2018).

Eginald Schlattner lebt auf dem Pfarrhof in Rothberg/Rosia – Siebenbürgen.

Zu seiner literarischen Produktion äußerte Sigrid Löffler, LITERATUREN: „Offensichtlich ist die Geschichte der Siebenbürger Sachsen zu Ende. Aber dieses Ende ist in den Romanen von Eginald Schlatter exemplarisch aufgehoben, im Hegelschen Sinne.“ Der Verfasser selbst befindet: „Meiner Seele Seligkeit hängt nicht von den Büchern ab. Sondern dass ich Pfarrer bin, als Erstes und als Letztes und manchmal durch und durch. Somit der Imperativ: Verlasse den Ort des Leidens nicht, sondern handle so, dass die Leiden den Ort verlassen.“

Klappentext

Von Nonnen und Narren, Ikonen und Namen – eine siebenbürgische Bilderwand, durchscheinend wie Wasserzeichen. (perlentaucher.de)
Von Nonnen und Narren, Ikonen und Namen – eine siebenbürgische Bilderwand, durchscheinend wie Wasserzeichen.
Sigrid Löffler äußerte 2001 beim Poetenfest in Erlangen: „Offensichtlich ist die Geschichte der Siebenbürger Sachsen zu Ende. Aber dieses Ende ist in den Romanen von Eginald Schlatter exemplarisch aufgehoben, im Hegel’schen Sinne.“
Denis Scheck in einem Brief, Dezember 2016: „… nach dem, was ich von Eginald Schlattner kenne, darf man von Weltliteratur sprechen.“
Der Verfasser selbst befindet: „Meiner Seele Seligkeit hängt nicht von den Büchern ab. Sondern dass ich Pfarrer bin, als Erstes und als Letztes und manchmal durch und durch. Somit der Imperativ: Verlasse den Ort des Leidens nicht, sondern handle so, dass die Leiden den Ort verlassen.“

Eginald Schlattners „Wasserzeichen“ bewegen sich zwischen den literarischen Genres und setzen zwei Erzählebenen sowohl gegen-einander als auch parallel.
Auf der ersten, die in einem rumänischen Nonnenkloster
angesiedelt ist, geht der Autor an „gottdurchlässiger“ Stelle der ihn lebenslang bedrängenden Frage von Schuld und Vergebung nach. Wobei er
gleichzeitig ein ebenso
einprägsames wie skurriles Bild vom orthodoxen Klosterleben entwirft. Aus dieser Gegenwart blickt er zurück auf die Gymnasialjahre in Kronstadt, damals Stalinstadt, und die Menschen, die ihm am nächsten gestanden sind. Die Fülle von springlebendigen Gestalten und oft haarsträubenden historischen Gegebenheiten, die in Form einer Romanhandlung Revue passieren, verdichtet sich zum breiten Zeitgemälde der
stalinistischen Willkürherrschaft in Rumänien, die als nachhaltige Bedrohung zum Greifen nahe heraufbeschworen wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.06.2018

Rezensent Elmar Schenkel entdeckt ein Vielerlei in Eginald Schlattners „Lebensroman“. Ob es um das Verhältnis des Autors zum Glauben geht, zur russischen Orthodoxie, zum Klosterleben, um seine Erinnerungen an den Nationalsozialismus, dann den Sozialismus in Rumänien, oder um das Hadern mit sich selbst, um die Siebenbürger Landschaft oder das eigene Liebensleben, immer trifft der Rezensent auf Unkonventionelles, auch sprachlich, wenn der Autor poetische Wendungen vollzieht. Schlattners poetisches und historisches Bild Siebenbürgens bleibt Schenkel im Gedächtnis. Eine Lebensbeichte, meint er, die als Vertiefung und Erläuterung von Schlattners Romanen gelesen werden kann.

Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Lieferbare Titel von Eginald Schlattner:

 

 

Franz Heinz: Endzeit

 Franz Heinz: Endzeit. Roman.

Reihe Epik Bd. 112, 264 Seiten, ISBN: 978-3-86356-304-2, €[D]19,50

Endzeit geht im Kern auf den Maler Franz Ferch (1900–1981) zurück. Dieser hatte sich am Ufer der Marosch – die im siebenbürgischen Hochland entspringt und in Ungarn in die Theiß mündet – ein Haus mit Zimmer und Küche gebaut und dort, umgeben von Wassermüllern und Sandaushebern, sein umfassendes künstlerisches Werk gestaltet. Ferch erlebte beide Weltkriege und siedelte 1979 in die Bundesrepublik Deutschland aus. Seine Arbeiten spiegeln das Banat und die gewaltsamen Veränderungen, die das 20. Jahrhundert auch in Südosteuropa hinterlassen hat.
Obwohl die im Roman geschilderten Begebenheiten und Entwicklungen – wie auch die beschriebene Uferlandschaft – einen realen Hintergrund haben, sind diese nicht vordergründig als Biografie des Malers Franz Ferch zu verstehen. Allerdings tauchen Ereignisse, Schicksale und Verwerfungen auf, die bis ins Einzelne der erlebten Wirklichkeit nachgebildet sind. (Red.)

Franz Ferch wollte ein Banater Chronist seiner Zeit sein und ist es wie kein Zweiter geworden. Sein Werk illustriert die Endzeit der deutschen Siedlungen im Banat – beginnend mit den gesellschaftlichen Erneuerungs- bestrebungen nach dem Ersten Weltkrieg und bis hin zur Preisgabe einer Heimat, die nicht mehr als solche empfunden wurde.

„Ich habe 500 bis 600 Bilder gemalt, die in aller Welt verstreut sind. Wo sie sind, das weiß ich nicht“, resümierte der Künstler. Zahlreiche seiner Bilder befinden sich in den Archiven der Banater Museen, andere sind in den Wirren der Kriegs- und Nachkriegs- jahre verloren gegangen. Viele sind im Besitz der heute in Deutschland und Österreich lebenden Banater Schwaben – wie Ikonen behütet als Angebinde der besonderen Art.
Franz Heinz

Den bekennenden Banater Schwaben und reisefreudigen Europäer, den heimatverbundenen und weltläufigen Schriftsteller und Herausgeber, den Essayisten und Kunstkritiker Franz Heinz gilt es zu würdigen, sein Lebenswerk in den Blick zu nehmen. (…) Man sieht es ihm nicht an und erst recht nicht seiner Arbeit. Er ist wie eh und je präsent in der Öffentlichkeit, publiziert literarische Texte, Be- trachtungen über Literatur und Kunst, essayistische Erinnerungsberichte und setzt mit seinen Vorträgen Akzente bei wissenschaftlichen und kulturellen Tagungen. (…) Er schreibt und schreibt. Und er hat immer Reisepläne, ist häufig unterwegs. Aber alles ohne Hast, sondern mit der ihm eigenen Gelassenheit und Gründlichkeit.

Walter Engel

Lieferbare Titel von  Franz Heinz:

  • Endzeit. Roman. Reihe Epik Bd. 112, 264 Seiten, ISBN: 978-3-86356-304-2, €[D]19,50

Frieder Schuller: Ossis Stein

Frieder Schuller: Ossis Stein. Zwei Theaterstücke. Reihe Theater Bd. 3; ISBN: 978-3-86356-305-9; 175 Seiten, €[D]16,50

„Ossis Stein oder Der werfe das erste Buch“ erlebte 2012 am Radu-Stanca-Nationaltheater in Hermannstadt/ Sibiu seine Uraufführung.
In der Heimatstadt des 1926 geborenen Oskar Pastior, der im Freundeskreis „Ossi“ genannt wurde und von der Securitate den Decknamen „Otto Stein“ erhielt. Frieder Schuller kannte Oskar Pastior in den Jahren nach dessen Rückkehr von der Zwangsarbeit in der Sowjetunion, als der Dichter sein Brot als Rundfunkreporter verdiente. Frieder Schuller lernte aber auch die Durch- triebenheit der Securitate-Mitarbeiter kennen.
Das heikle Sujet um Widerstand, Erpressbarkeit, Würde, Not, Kompromiss, Verstrickung und Mitläufertum in einem totalitären Regime mit vergifteten Tentakeln versetzte der Autor in ein Skript, in das die Lyriksprache von Pastior und auch Gedichte von ihm einflossen.
„Ich bin Schriftsteller, außerhalb meiner Gedichte existiere ich nicht“, verkündet Ossi. Eine verzweifelte Ausflucht?!
Die Darstellung des Spannungsfeldes zwischen dem Streben, Literatur zu schreiben, und den Kompromissen, die eingegangen wurden, um veröffentlichen zu dürfen, ist gelungen.
Das Drama erlebt seinen Höhepunkt und das Ende mit der Vergewaltigung der Poesie durch den in Offiziersuniform gekleideten Genossen Dan, während der Dichter mundtot gemacht wird:
Handlanger Paul presst ihm eine Zeitung auf den Mund.
Geworfen wird kein Stein auf Ossi in der Inszenierung in Hermannstadt. Gezeigt wird der Stolperweg eines genialen Dichters und Menschen in Grenzsituationen.
Hannelore Baier

Lieferbare Titel von Frieder Schuller:

Heimat – gerettete Zunge. Visionen und Fiktionen deutschsprachiger Autoren aus Rumänien“, 2013, Eine literarische Begegnung. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wolfgang Schlott. Horst Samson (Hrsg.), Ingmar Brantsch,Hans Bergel, Walter Engel,Ilse Hehn, Franz Heinz, Klaus Hensel, Franz Hodjak, Johann Lippet, Dieter Schlesak, Olivia Spiridon, Horst Samson, Peter Motzan, Gerhard Ortinau, Friedrich Schuller, Hellmut Seiler, Balthasar Waitz:  Heimat – gerettete Zunge. Visionen und Fiktionen deutschsprachiger Autoren aus Rumänien.  (UNIVERSITAS Sammlung) 373 S. ISBN:  978-3-86356-051-5, € [D] 25,– € [AT] 25,– SFr [CH] 35,-

Ossis Stein. Zwei Theaterstücke. Reihe Theater Bd. 3; ISBN: 978-3-86356-305-9; 175 Seiten, €[D]16,50

 

Ioona Rauschan: Abhauen

Ioona Rauschan: Abhauen, Roman. Reihe Epik; 336 Seiten, ISBN:  978-3-937139-52-4, €[D]19,20

ADZ, Zwischen den Welten: Ioona Rauschan. Eine Temeswarer Persönlichkeit im fernen Deutschland. Von: Robert Tari

Es ist eine Irrfahrt auf der Suche nach einer Person, die man nie kannte. Man wird unweigerlich zum Detektiv, indem man Indizien sammelt und Zeugen befragt. Dabei klammert man sich an jedes einzelne Wort von Menschen, die vielleicht die Antworten kennen. Eine Antwort gibt es nie.

Stattdessen entsteht unweigerlich eine Collage, bestehend aus unterschiedlichen Auffassungen über eine Person, die jeder scheinbar anders kannte. Irgendwo überschneiden sich die Bilder, doch gleichzeitig gehen sie an anderer Stelle auseinander. Es beweist nur, wie komplex ein Menschenleben sein kann, und wie wenig wir manchmal den anderen kennen.

Ioona Rauschan starb am siebten Februar 2010 in einem Krankenhaus in Düsseldorf. Sie war schon länger krank gewesen, im Sommer 2009 diagnostizierten Ärzte bei ihr Lungenkrebs. Es war der letzte Kampf, den sie austragen musste. Zehn Monate später begab sich ein junger Mann nach Düsseldorf, um einer Gedenkveranstaltung beizuwohnen, die Ioona Rauschan gewidmet war.

Ihre Freunde in Deutschland hatten für einen Abend das Filmkunstkino Black Box gemietet und zeigten eine Auswahl ihrer Dokumentarfilme. Ioona Rauschan war freiberufliche Regisseurin gewesen, hat über 20 Filme gedreht. In den letzten zwei Jahren ihres Lebens leitete sie zusammen mit dem Freiberufler Sasha Sonnwald ein kleines Medienunternehmen, das sie „Working Headquarters“ tauften. Es war ein intimer Abend unter Freunden und Bekannten. Hier wurde einer Künstlerin gedacht, in einem der wichtigsten Kulturzentren Deutschlands. Fremde waren kaum anwesend. Eine kleine Annonce in der Zeitung hatte die Veranstaltung angekündigt. Im kulturellen Alltag Düsseldorfs ging jener traurige Abend unter. So hart kann das deutsche Kulturgeschäft sein.

In der Heimat gefeiert

Nur Wochen später schaute es in ihrer Heimatstadt Temeswar anders aus. Eine Woche lang wurde Ioona Rauschan gedacht. Nicht nur ihre Filme wurden vorgestellt, sondern auch ihre anderen künstlerischen Tätigkeiten. Als „Uomo universale“ wurde sie beschrieben, als eine echte Temeswarer Persönlichkeit.
Als Künstlerin war sie vielfältig gewesen: sie schrieb, sie malte, sie sang, sie produzierte Filme und früher sogar Puppenspiele. Sie hatte Kunst gelebt. Auf ihrer offiziellen Internetseite schrieb Rauschan: „Worte, Bilder und Klänge sind für mich die Elementarteilchen der Kommunikation und ein Medium ist die Zeitraumwarte, von der aus ich ihr flüchtiges Spiel erspähen kann.“

1994 produzierte Ioona Rauschan ihren ersten Dokumentarfilm in Deutschland: „Porträt eines Künstlers als reifer Mann“. Die Produktion hatte sie selbst finanziert. Ein Beweis für ihre Entschlossenheit und Bereitwilligkeit. Enge Freunde haben sie anders nie gekannt.

Mit dem Film hatte sie einen entscheidenden Schritt in eine neue Karriere getan. Nach Deutschland kam sie 1988. In Rumänien arbeitete sie in den 1980er Jahren am Puppentheater Merlin. „Als Ioona zum Theater kam, löste sie einen Sturm aus“, beschrieb eine ehemalige Puppenspielerin Rauschans Einfluss auf das Theater. Sie hätte die Schauspieler wachgerüttelt und sie aus ihrem lethargischen Alltag herausgeholt. Dabei scheute sich Rauschan nicht davor, ihre Meinung offen zu sagen und ihren Standpunkt zu vertreten.

Sie sorgte auch durch ihre Kreativität für frischen Wind im verstaubten Puppentheater. 1986 durfte Rauschan auf dem Regiestuhl Platz nehmen und inszenierte das Kinderstück „Mowgli – Das Dschungelkind“, eine freie Adaption nach Rudyard Kiplings Erzählung „Mowgli“ aus der „Dschungelbuch“-Sammlung. In dem Stück nahm auch eine 19-jährige Schülerin teil, die Rauschan zufällig entdeckte und unbedingt für die Rolle des Dschungelkindes in ihrem Stück haben wollte. Heute ist Éva Labadi-Megyes die Intendantin des Puppentheaters Merlin und eine erfolgreiche Puppen- und Schauspielerin. „Ich konnte damals das Wort şobolan (dt. „Ratte“) nicht richtig aussprechen, wegen meines ungarischen Akzentes“, erinnert sich Labadi-Megyes. „Ich betonte immer das „SCHO“ und sagte SCHO-bolan. Ioona setzte sich dann mit mir hin und half mir, meinen Sprachfehler zu korrigieren.“

Im November 2010 setzte sie Ioona Rauschans Stück „Mowgli – Das Dschungelkind“ neu auf. Das moderne Bühnenbild wurde von Vlad Trif erstellt, ein enger Freund der verstorbenen Künstlerin. Viele Freunde Rauschans beteiligten sich an der Gedenkwoche, in der eine Ausstellung organisiert und die rumänische Fassung ihres einzigen Romans vorgestellt wurde.

Der treibende Motor war ihr Stiefbruder Radu Dimeca gewesen. Er gründete nur wenige Monate nach dem Ableben seiner Schwester einen Kulturverein in Temeswar. Die Hauptaufgabe: Das Andenken Ioona Rauschans zu bewahren und ihre Werke auch in ihrer Heimatstadt Temeswar bekannt zu machen. „Ioona leistete überall einen Beitrag. Egal wo sie war, sie machte immer auf sich aufmerksam“, beschreibt Dimeca seine Schwester.

Abhauen…

Im Mittelpunkt der Gedenkwoche stand Ioona Rauschans Roman „Abhauen“. Das Buch schildert die Erlebnisse von sechs Menschen an einem Februarsonntag im Jahr 2000, kurz nach der Millenniumswende, die sich mit ihrer eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen. Ironischerweise starb Rauschan genau ein Jahr nachdem ihr Roman erschien: an einem Sonntag im Februar. Fast prophetisch erscheint der Roman Rauschans. „Das Buch zeigt nicht, wie schwer es ist zu sterben. Es zeigt, wie schwer es ist zu leben, sobald man verstanden hat, was es bedeutet zu sterben“,  meint die Übersetzerin des Buches, Raluca Ciortan. Auch sie beteiligte sich intensiv an den Vorbereitungen für die Gedenkveranstaltungen. Für Ciortan weise das Buch autobiografische Züge auf. Eine Einschätzung, die sie mit vielen Lesern teilt, die Rauschan persönlich kannten. „Als Ioona einmal darauf angesprochen wurde, hat es sie rasend gemacht“,  meint Monika Boll, eine enge Freundin Rauschans aus Düsseldorf.

Auf der Leipziger Buchmesse wurde ihr Roman übersehen. Das Buch veröffentlichte sie beim Pop Verlag aus Stuttgart. Der Geschäftsführer Traian Pop druckt rumäniendeutsche und rumänische Schriftsteller. „Sie war darüber sehr enttäuscht, wie es auf der Messe lief,“ meint Sasha Sonnwald. Bei der Lesung nahmen nur eine Handvoll Leute teil. Darunter der rumäniendeutsche Schriftsteller Ingmar Brantsch. Rauschan hoffte, auf sich aufmerksam machen zu können, auf einer der größten Buchmessen Deutschlands.

Im Sommer 2009 hatte sie bereits ihr nächstes Buch begonnen. Schauplatz der Handlung sollte unter anderem ihre Heimatstadt Temeswar werden. „Ich glaube, dass sie Temeswar vermisst hat“, vermutet Radu Dimeca. Anders als seine Schwester und seine Eltern ist Dimeca nicht nach Deutschland ausgewandert. Heute ist er ein erfolgreicher Unternehmer.

Die Erinnerung wahren

Der Verein selbst bemüht sich weiterhin, die Erinnerung Rauschans zu bewahren. Zum zweiten Todestag der Künstlerin wird im Puppentheater „Merlin“ ein Gedenkabend veranstaltet. Neben Auszügen aus dem Stück „Mowgli – Das Dschungelkind“ soll auch das Stück „Giovannino ohne Furcht“ aufgeführt werden. „Wir haben für 2012 mehrere Veranstaltungen geplant, die Ioonas künstlerische Vielseitigkeit hervorheben sollen“, sagt Radu Dimeca.

Lesungen, Filmvorführungen und eine Ausstellung sind für das Frühjahr geplant. Raluca Ciortan arbeitet an einer Sammlung von Kurzgeschichten, die Rauschan in den 1970er und 1980er Jahren schrieb.

Viele kulturelle Persönlichkeiten aus Temeswar haben Ioona Rauschan gut gekannt. Der Direktor von TVR Timişoara, Lucian Ionică, hatte einen Science-Fiction Roman geschrieben. Rauschan schrieb die erste Kritik dazu. Die Leiterin des rumänischen Kulturinstituts aus Bukarest, Brînduşa Armanca, ging mit Rauschan zusammen zur Schule. Beide arbeiteten zusammen an der Schülerzeitung für die unter anderem auch Florin Călinescu schrieb. Sie arbeitete für die Literaturzeitschrift „Orizont“, die vom Rumänischen Schriftstellerverband betreut wird.

In ihrer Freizeit malte die vielseitige Künstlerin. Sie hinterließ insgesamt 40 Bilder. Aus Interesse besuchte sie die Volkshochschule in Temeswar. In Deutschland unterrichtete sie an der Volkshochschule unter anderem „Storyboard“. Darunter versteht man die Visualisierung eines Konzeptes oder einer Idee. In Filmen werden meistens Storyboards verwendet, um den szenischen Verlauf darzustellen.

Wenn Freunde und Bekannte Ioona Rauschan beschreiben, gibt es oft Abweichungen. Besonders zwischen ihren Freunden aus Deutschland und denen aus Rumänien. Manche glauben, dass ein Riss entstanden ist. Eine Künstlerin, die sich ihrer Umwelt anpasste. Gleichzeitig reflektieren oft viele nur ihr eigenes Leben durch die Erinnerung an Ioona Rauschan.

Lieferbare Titel von  Ioona Rauschan:

Abhauen, Roman. Reihe Epik; 336 Seiten, ISBN:  978-3-937139-52-4, €[D]19,20 Euro

Ilse Hehn: Roms Flair in flagranti

Ilse Hehn: Roms Flair in flagranti. Epikreihe Bd. 109.142 Seiten, ISBN 978-3-86356-284-7, €[D]19,90

Rom mit aller Inbrunst lieben, seine lichtüberfluteten Plätze und spru- delnden Brunnenkaskaden ins Visier nehmen, in seinen Museen die rö- mischen Skulpturen mit kontrast- geladenen Blicken erfassen, in den unzähligen Basiliken und Kirchen die ornamentale Pracht bewundernd und kritisch abbilden, die römischen, mittelalterlichen und neuzeitlichen Epochen aus kunsthistorischer und kunstkritischer Sicht präsentieren, mit oft frivolen Schnappschüssen auch das touristische Treiben in der faszinierenden Stadt am Tiber lebendig darstellen – mit diesen Ansprüchen ist der Künstlerin und Schriftstellerin Ilse Hehn etwas gelungen, was in den meisten illustrierten Rom-Baedekern fehlt, die gelungene Mischung aus seriöser kunstgeschichtlicher Betrachtung  wie auch  frecher, manchmal sogar schnoddriger Bewertung der Kontraste zwischen katholischem Prunk, weltlichem Glanz und dem überall sichtbaren Elend auf den Straßen Roms. Kein Wunder, dass die Leser/innen und aufmerksamen Betrachter  dieses Text-Bild-Bandes auf zweifache Weise in flagranti erwischt werden: bei ihren wechselnden Blicken auf prachtvolle Skulpturen, übermächtige Ruinen, marmorne Treppen und den Abfall der Geschichte. Ein Buch also, das ästhetisch aufgeladenen Genuss mit scharfsinnigen Kommentaren verbindet.
Wolfgang Schlott

Lieferbare Titel von Ilse Hehn:

  • Anneliese Merkel:Käme ein Wort. Gedichte. Mit vier Arbeiten vonIlse Hehn.Pop Lyrik. ISBN: 978-3-86356-161-1, 72 Seiten, 14,50€
  • Roms Flair in flagranti. Epikreihe Bd. 109.142 Seiten, ISBN 978-3-86356-284-7, €[D]19,90

Horst Samson: Das Meer im Rausch

Horst Samson: Das Meer im Rausch. Gedichte und Bilder. Lyrikreihe Bd. 140; ISBN 978-3-86356-285-4; 175 Seiten, €[D]19,90

Lieferbare Titel von Horst Samson:

Anton Sterbling: Entrückung in den Kopfstand

Anton Sterbling: Entrückung in den Kopfstand. Gedichte und Texte 1968 bis 2019. Lyrikreihe Bd. 141; ISBN 978-3-86356-283-0; 141 Seiten, €[D]15,00

 

 

 

 

Lieferbare Titel von Anton Sterbling:

 

Dagmar Dusil: So is(s)t Hermannstadt.

Dagmar Dusil: So is(s)t Hermannstadt. Die POP-Verlag-Fragmentariumreihe, Bd. 15. ISBN: 978-3-86356-282-3,186 Seiten, €[D]13,80

Wie Hermannstadt isst und schmeckt, ist das Anliegen dieses Buches. Wie hat Hermannstadt in früheren Zeiten geschmeckt? Nostalgisch, bürgerlich. Wie schmeckt Hermannstadt heute? Modern, neu, interessant. Wie hat Hermannstadt nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Zeit bis zur Revolution 1989 geschmeckt? Sparsam, karg, nach Not. Schmeckt Hermannstadt siebenbürgisch-sächsisch, rumänisch, ungarisch? Oder nach einem Gemisch aus allen dreien?

Wie ist Hermannstadt und wie isst Hermannstadt? Und die Antwort lautet: Einmalig und schmackhaft, vielfältig und europäisch. Lokal und international, einfach und raffiniert. Der Tradition verhaftet und doch modern.

Hermannstadt ist nicht nur eine warme Stadt der Herzen sondern auch eine Stadt mit Geschmack und das im wahrsten Sinne des Wortes. Hermannstadt hält für jeden Gaumen und jeden Geldbeutel etwas bereit.

Die in diesem Buch aufgeführten Essen sind eine Hommage an unsere wunderbaren Mütter, die in schweren Zeiten Schmackhaftes auf den Tisch zauberten.

Lieferbare Titel von  Dagmar Dusil:

Horst Samson: Heimat als Versuchung – Das nackte Leben. 2. erweiterte Auflage.

Horst Samson: Heimat als Versuchung – Das nackte Leben. 2. erweiterte Auflage.

Literarisches Lesebuch – Gedichte, Prosa, Literaturkritiken, Interviews. Reihe Lesezeichen Band 4. ISBN: 978-3-86356-263-2, 532 Seiten, 25,90€

Lieferbare Titel von Horst Samson:

 

 

Johann Lippet: Franz, Franzi, Francisc

Johann Lippet: Franz, Franzi, Francisc. Romanfragment. (Nebst Arbeitsnotizen und Annotationen).

Die POP-Verlag-Epikreihe, Bd. 100, 176 Seiten, ISBN: 978-3-86356-246-5; € [D]16,90

Johann Lippet ist der Chronist des Alltagslebens der Banater Schwaben in der Banater Heide. Sein genauer und kenntnisreicher Blick auf diesen Landstrich, auf die Dörfer und Menschen, ihren Alltag und ihre Erlebnisse in geschichtsträchtigen Vernetzungen mit und in ihren dörflichen Gemeinschaften werden virtuos und im sprachlich authentischen Kolorit erzählt, dokumentarisch verlässlich beschrieben und exemplarisch am Beispiel seiner Heimatgemeinde Wiseschdia literarisch reizvoll verortet. In seinen Romanen, Erzählungen und auch in Gedichten entwirft Johann Lippet meisterhaft ein weitläufiges, unvergleichliches Panorama des banatschwäbischen Dorfes, erzählt facettenreich und in feinsinnig entwickelten Geschichten aus dem einfachen und dennoch in seinen existentiellen Widersprüchlichkeiten und Tragödien komplizierten Leben der Menschen in einer immer brüchiger werdenden Idylle gefangen, einer bäuerlich geprägten Heimat, die sich – dem Untergang geweiht – unter ihren Füßen dramatisch aufzulösen beginnt. (Horst Samson)

Das war’s, der Roman bleibt Fragment, weil es mir allmählich gegen den Strich geht, den Protagonisten, wie im Plot vorgesehen, siebzehnjährig eines sinn- losen Todes sterben zu lassen, ich aber auch nicht wüßte, wie die Geschichte plausibel anders enden zu lassen.
Bei Veröffentlichungen von unvollendet gebliebenen Romanen aus Nachlässen wird in Nachworten über den weiteren Verlauf der Handlung und deren Ausgang spekuliert, geben Arbeitsnotizen des Autors keinen Aufschluß darüber. Um Spekulationen zum weiteren Handlungsverlauf meines Fragment gebliebenen Romans vorzubeugen, habe ich mich entschlossen, meine Notizen und Annotationen im Nachstehenden zu veröffentlichen.
Die Frage, wen ein Romanfragment mit Arbeitsnotizen als Anhang in- teressieren sollte, ist natürlich berechtigt, aber wenn die Behauptung stimmt, daß Leser an Biographien über Autoren ein größeres Interesse hätten als an deren Werken, könnte es ja auch sein, daß diese Veröffentlichung auf ein größeres Interesse stößt als ein fertiggestellter Roman.

Lieferbare Titel von Johann Lippet

  • Migrant auf Lebzeiten, Roman (EPIK- Sammlung) 226 Seiten, ISBN:  978-3-937139-56-2 €[D]15,90
  • Dorfchronik, ein Roman, (EPIK- Sammlung) 789 Seiten, ISBN:  978-3-937139-99-9 €[D]25,90
  • Der Altenpfleger, Zwei Erzählungen. (EPIK- Sammlung) 259 Seiten, ISBN:  978-3-86356-012-6 €[D] 13,20,
  • Tuchfühlung im Papierkorb. Ein Gedichtbuch. (Lyrik- Sammlung) 168 Seiten, ISBN:  978-3-86356-034-8 €[D] 17,20
  • BAWÜLON – Süddeutsche MATRIX für Literatur und Kunst, Nr. 4/2011 (4). 114 Seiten, ISSN: 2192-3809; €[D] 7,00 Johann Lippet 60 Johann Fischart • Renarius Flabellarius (Fischart-Fan, id est Rainer Wedler) • Hellmut Seiler • Johann Lippet *„Wir werden wie im Märchen sterben“, Aktionsgruppe Banat * Dieter Scherr • Safiye Can • Norbert Sternmut •     Ferdinand Wedler • Carsten Piper • Uli Rothfuss • Rainer Wedler • Henning Schönenberger • Barbara Zeizinger u.a.
  • Bruchstücke aus erster und zweiter Hand. Roman. (Epik- Sammlung) 251 S. ISBN:  978-3-86356-050-8 €[D] 15,00
  • Horst Samson (Hrsg.):  Heimat – gerettete Zunge. Visionen und Fiktionen deutschsprachiger Autoren aus Rumänien. Eine literarische Begegnung. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wolfgang Schlott. (UNIVERSITAS Sammlung) 373 S. ISBN:  978-3-86356-051-5, € [D] 25.00
  • Kopfzeile, Fußzeile.Gedichte&Variationen. Pop Lyrik. 70 Seiten, ISBN 978-3-86356-140-6, 13,80€
  • Wegkreuze. Beobachtete, gehörte, gelesene und andere Geschichten. ISBN: 978-3-86356-180-2, 102 Seiten, 13,80€
  • Franz, Franzi, Francisc. Romanfragment. (Nebst Arbeitsnotizen und Annotationen). Die POP-Verlag-Epikreihe, Bd. 100, 176 Seiten, ISBN: 978-3-86356-246-5; € [D]16,90

 

Carmen Elisabeth Puchianu: Die Professoressa

Carmen Elisabeth Puchianu: Die Professoressa. Ein Erotikon in gebundener und ungebundener Rede. Die POP-Verlag-Epikreihe, Bd. 102, 176 Seiten, ISBN: 978-3-86356-244-1; € [D]16,90

Was beobachtet die Autorin Carmen Elisabeth Puchianu, worüber sinnt sie nach, was verschweigt sie, was gibt sie preis? Sie lässt ihr Lesepublikum wissen, seit einigen Jahren gebe sie der Versuchung nach, ihr Gefühlsleben und ihre Gedankenwelt mit den Mitteln der darstellenden Kunst, des Bühnen- auftritts, gar der turbulenten Schau zu äußern. Doch warnt sie gleichzeitig vor der Annahme, in all der sprachlichen und gestisch-mimischen Exzentrizität liege der umfassende Ausdruck ihres Wesens, bloß Einzelaspekte ihres Seins werden verdeutlicht.
In den Spannungsbogen zwischen überdeutlicher Aussage und instinktiver Zurückhaltung, zwischen herbem Stilgepräge und sorgfältiger Umschreibung fügen sich die Texte der neuen Buchausgabe ein. Versgebilde bieten Zeugnisse unmittelbaren Erlebens oder zehren von Erinnerung, Prosaschilderungen sind dem Wechsel von freundlich-beherzter Mitteilsamkeit und lakonischer Skepsis unterworfen, graphische Skizzen und sonstiges Bildmaterial gewähren Einblick in ganz persönliche Bereiche. Während der Lektüre wird bald deutlich, dass der Tod ein Hauptmotiv der Textzusammenstellung ist. Er wird nicht, wie im Alltag oft, möglichst kurz abgetan, sondern wird mit vielerlei Einschätzungen be- dacht. Manches Stück kommt als Burleske daher, standortgemäß als Karpatische Burleske – als „Karpateske“. (Joachim Wittstock)

Im Prisma der Dichterin Carmen Elisabeth Puchianu ist der Tod, den sie fabelhaft bedichtet, ein veritabler Feinschmecker und kein Kostverächter, einer, der auf das Leben trinkt. Er ist nicht nur groß, wie bei Rilke, er ist ein Süßholzraspler und ein Pala- verer, der Ver-Führer in Person, aber auch als Spaßvogel und Entertainer in Frack und Lackschuhen macht er von sich reden. Einfallsreich und virtuos umkreist ihn die Dichterin immer wieder, bis er ganz schwindlig ist und sich ihr, wehrlos gegen die Macht der Poesie, ergibt. (Horst Samson)

Lieferbare Titel von Carmen Elisabeth Puchianu:

– Die Professoressa. Ein Erotikon in gebundener und ungebundener Rede. Die POP-Verlag-Epikreihe, Bd. 102, 176 Seiten, ISBN: 978-3-86356-244-1; € [D]16,90

Dagmar Dusil: Auf leisen Sohlen. Annäherungen an Katzendorf.

Dagmar Dusil: Auf leisen Sohlen. Annäherungen an Katzendorf. Die POP-Verlag-Fragmentariumreihe, Bd. 10. ISBN: 978-3-86356-262-5, 286 Seiten, €[D]18,50

 

 

 

 

In meinem Dorfschreiberjahr fand ich in Katzendorf und der näheren und weiteren Umgebung Überbleibsel aus der k. u. k. Monarchie, Spuren zweier Weltkriege, Überreste aus dem Kommunismus, Neureiche in protzigen Häusern.
Besucher kamen und gingen. Lauschten und überzeugten sich von einem neuen Siebenbürgen. Kirchenburgen begeisterten, Ruinen polarisierten, der Entdeckergeist wurde geweckt. Das Siebenbürgen in der direkten Begegnung berührte.
Der Sprechgesang Katzendorfs klingt bei mir noch nach. Im Gesagten liegt viel Ungesagtes. Phantasie und Wirklichkeit sind austauschbar. Seelenwund verschwindet das siebenbürgische Dorf mit seinen Bewohnern in den Nebeln der Zeit.

„Rebi konnte nur überleben, indem sie in ihrer eignen Phantasiewelt lebte. Das Gefundene und Erfundene erhellten ihr Leben. Die Leiden gab es oder auch nicht. Und ihr Verbündeter war Gott, auf ihn vertraute sie, er würde bestrafen und richten, was sie nicht konnte. Sie betete innig zu diesem Gott, erzählte sie, und haderte nicht mit dem Schicksal. Wenn es nur mehr zu essen gebe. Die Nahrung fehlte, der Hunger quälte sie. Mit dem Stock sah ich sie manchmal nach Essensresten in den Mülltonnen suchen.
Ihr Weltbild flocht sie wie die Schilfmatten in ineinander gewebten Mustern, stabil und fest. Es nützte sich mit der Zeit ab, doch es war unzerstörbar.“

Lieferbare Titel von  Dagmar Dusil:

 

Anton Sterbling: Über deutsche Dichter, Schriftsteller und Intellektuelle aus Rumänien

Anton Sterbling: Über deutsche Dichter, Schriftsteller und Intellektuelle aus Rumänien

Autorenportraits, Essays und Rezensionen: Richard Wagner, Herta Müller, Paul Schuster, Johann Lippet, Hellmut Seiler, Horst Samson, Ilse Hehn, Werner Kremm

Pop Universitas, Bd. 14, ISBN 978-3-86356-251-9, 216 Seiten, €[D]16,50

Richard Wagner entwickelt eine merkwürdige Doppelperspektive auf Europa, auf Südosteuropa einerseits und auf die Bundesrepublik Deutschland und den Westen andererseits. Die intellektuelle Wahrnehmung und Beurteilung der Dinge unter diesem doppelten Blickwin- kel ermöglicht eine konsequente Unab- hängigkeit, wie sie seine Bücher so unverwechselbar auszeichnet.

Herta Müllers Literatur, namentlich ihre Romane und Erzählungen, unter denen ich mich auf den 1994 erschienenen Roman „Herztier“ besonders einlasse, können etwas über das Wesen und die Schwächen der Diktatur erschließen und nachvollziehbar machen, das über allgemeine oder herkömmliche soziologische Erkenntnisse weit hinausgeht.

Mit Paul Schuster verbinden mich per- sönlich tatsächlich „schicksalhafte“ Er- eignisse und Beziehungen, zumindest aus meiner biographisch-subjektiven Perspektive.

Johann Lippet ging immer seinen Weg, seinen eigenen Weg, und er ging diesen, nicht immer einfachen Weg mitunter sehr eigenwillig, aber stets konsequent, intellektuell redlich und sehr offen und ehrlich seinen Freunden gegenüber.

Seit den Anfängen seines Schreibens bis heute stehen Hellmut Seilers Texte im Zeichen jener experimentell innovativen Literatur, die Anschluss an die zeitgenössische literarische Avantgarde suchte und bei ihm in sehr origineller Weise fand.

Wie bei anderen „geborenen“ Künstlern hat man bei Horst Samson nicht selten das Gefühl, dass seine Instrumente wie von selber spielen. Dies erzeugt dann den betörenden Eindruck der üppigen Gleichzeitigkeit der Assoziationen und Motive, des kreativen Überschusses, der künstlerischen Eindringlichkeit, Vehe- menz und Leidenschaft.

Ilse Hehn fiel in der rumäniendeutschen Literatur durch ihren erfrischend lebendigen Ton und insbesondere auch durch ihre eigenwilligen Sprachbilder auf, wobei die Bildhaftigkeit ihrer Lyrik wohl auch daher kommt, dass sie auch als Malerin tätig ist. Ihre Arbeiten ver-
breiten überzeugend die Zuversicht, dass die Wahrheit am Ende auch Dank der Kunst siegt.

Werner Kremm hat in den zurückliegenden Jahrzehnten in Rumänien im besten Sinne des Wortes informative und auf- klärende journalistische Arbeit geleistet, die zugleich als treffliche Ergänzung zu den literarischen Arbeiten seiner An- fänge als Schreibender und als Ausdruck seines konsequent kritischen intellektuellen Profils zu lesen ist.

 

Lieferbare Titel von Anton Sterbling:

 

 

Horst Samson: Heimat als Versuchung – Das nackte Leben.

Horst Samson: Heimat als Versuchung – Das nackte Leben. Literarisches Lesebuch –
Gedichte, Prosa, Literaturkritiken, Interviews. Reihe Lesezeichen Band 4. ISBN: 978-3-86356-196-3, 486 Seiten, 24,50€

Das Gedicht ist Heimat für alle, die keine haben! … Gedichte sind ein Mittel zum Überleben, Brot und Wasser für die hun- grige und durstige, für die ge- schundene Seele, wenn man sich unwichtig und parasitär, aus- gestoßen und todgeweiht vor- kommt. Im kahlen Zimmer eines Auffanglagers, zwischen Eisen-. betten und weißen Wänden, auf denen man wieder und wieder bei selbst gedrehten Zigaretten seine selbst gedrehten Filme abspielt, wird einem das als Ver- sprengter auf vielfache Weise bewusst. Und du schreibst dann, schreibst…
Horst Samson

Das Nachdenken über die Zeit und die Endlichkeit der eigenen Existenz geht einher mit einem Naturerlebnis, das durch hinzu- gewonnene Einsicht die indi- viduelle Haltung dem Unver- meidbaren gegenüber bestimmt. Eine reiche Palette literarischer Gestaltungsmittel (wechselnde Gedichtformen, überaus ein- prägsame, frappierende Bilder) ermöglichen es dem Autor, das Erlebte und Erfahrene sprach- lich wirkungsvoll, mit einem weiten inneren Spannungsbogen ins »Imaginäre« der Dichtung umzuwandeln, in »Gedichte gegen das Vergessen«.
Eduard Schneider

Horst Samson weitet den Begriff der Auswanderung aus, spricht anklagend von Exil, von „Niemandlingen“, die nicht allein das Land ihrer Träume, sondern auch die Bitternis der Fremdheit erleben. Überall trägt der Entwurzelte das Gepäck der Erinnerungen mit sich. Sie speisen die Imagination bei der emotionalen Naturbegegnung – kein anderer rumäniendeutscher Autor hat solch tiefgründige Meeres-Lyrik geschrieben wie er! -, generieren das „Imaginäre“, in dem sich der Dichter bei seinen Erkundungen an vielen Orten, fast bis „ans Ende der Welt“ bewegt…
Horst Samsons freie Rhythmen bürsten die Metrik und Syntax gleichsam gegen den Strich. Harmonie ist nicht seine Sache. Dauernde Zeilen- oder gar Strophensprünge fordern den geneigten Leser, ganz im Brechtschen Sinne, zum wachen Mitdenken heraus…
Horst Samson ist kein Nostalgiker. Aber bei aller expressionistischen, zuweilen „glühenden“ Sprachkraft, bei allem kämpferischen Protest gegen den beklagenswerten Zustand der Welt erscheint er mir doch wie ein verkappter Romantiker, dem die „blaue Blume“ entrückt ist, der aber nicht aufgibt.
Walter Engel

Lieferbare Titel von Horst Samson:

Edith Ottschofski: im wohlklang unverhohlen

978-3-86356-198-7 978-3-86356-198-7_BEdith Ottschofski: im wohlklang unverhohlen

Gedichte. Mit bildnerischen Arbeiten von Ilse Hehn

Pop Lyrik

ISBN: 978-3-86356-198-7, 144 Seiten, €(D)16,50

 

 

Lieferbare Titel von Edith Ottschofski:

  • „Luftwurzeln“. Roman. Pop Epik. 276 Seiten, €(D)16,90
    ISBN 978-3-86356-137-6
  • im wohlklang unverhohlen.Gedichte. Mit bildnerischen Arbeiten von Ilse Hehn. Pop Lyrik.ISBN: 978-3-86356-198-7, 144 Seiten, €(D)16,50

Eginald Schlattner: Wasserzeichen

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ISBN: 978-3-86356-216-8, Reihe Epik Bd. 87, 628 S., €[D]29,00

Eine kurze Darbietung zu WASSERZEICHEN, mein letztes Buch, so und anders. Selbst wenn es bereits Gewusstes enthält, betrachte man es als ein abschließendes Gedächtnisprotokoll.

Die Erlebnisse der letzten zwei Jahre am Deutschen Lyzeum in Kronstadt/Stalinstadt und der Sommer danach aus der Zeit im Niemandsland -zwischen Bakkalaureat/Matura und wie weiter, was nun? – spielen eine zentrale Rolle in diesem Buch – verfremdet und doch durchscheinend, eben Wasserzeichen. Die Bemühungen um eine „versöhnte Vergangenheit“ sind mit ein beunruhigendes Anliegen.

Jedoch: Ist ein Buch gedruckt, angehört es nicht mehr dem Verfasser.

Es ist in die Hände der Welt gelegt. Und verwandelt sich im Guten, im Unguten durch die, die es Lesen, wächst auf alle Fälle über sich hinaus.

Doch nachdem es heißt, der Heilige Geist Gottes hat sein Wohlgefallen an gelungenen kulturellen Schöpfungen, sage ich:

Gott befohlen.

Zu mir ein Wort:

Für mich stand das vergangene Jahr unter dem Zeichen von ‚fallen‘, war gezeichnet von „Missfällen“:

Arbeitsunfall in der Kirche beim Friedensgebet. Und dann weiter: Nach dem Hinfall unselige Fälle und Vorfälle noch und noch. Auch ein Todesfall.

Nun also: Ausfälle ja!

Aber kein Wegfall: Jeden Sonntag halte ich Gottesdienst, allerdings vor den Menschenkindern aus den Lehmhütten beim Bach. Evangelische Deutsche sind wir noch vier Greise zu begraben. Selbst die Toten sterben aus.

Dazwischen wahrlich das Ganze metphysisch überhöht von Glücksfällen.

Und wie wir es glauben wollen: Alles in allem kein Unfall! Sondern eine Kette von Fügungen. Denkbar auch als Weg Gottes da hinaus, um nachzudenken, was am Ende der Biographie als Sündenfall benannt werden sollte und vielleicht in letzter Stunde wiedergutgemacht werden kann. Über dem Portal meiner Kirche (1225) steht in Marmorlettern: Weise mir, Herr, DEINEN Weg.“

Leider Rückfall vor einem Monat, unerträgliche Schmerzen. Es geschah eines Abends wie aus heiterem Himmel, wahrlich ein Überfall. Ich tappe neuerlich mit dem Gestell zwischen Bett, Bad, Büro meines Weges.

Traumziel bleibt, wieder mit dem flotten Krückstock, wie im Sommer, hochgestimmt dahinzuwallen, so zB von der Küche bis zur Kirche, unbegleitet!

Ansonsten beschirmt Tag und Nacht die Haustochter Carmen Bianca Trandafir mit viel Lachen und in Liebe. Die sich vor sieben Jahren, spitalsreif geschlagen, aus der Lehmhütte vom Bach eines Nachts auf den Pfarrhof gerettet hat, wissend um die offene Tür hier. Ich sagte: „Bleib!“

Nach 12 Jahren ist es soweit:

Am 16 März 2018 um 17:30 stellt Frau Dr. Edith Konradt das Buch vor: Wasserzeichen. Leipziger Buchmesse, Stand Rumänien.

Selbst Manuskripte haben ihre Schicksale. Befragt im Interview über die Anfänge 2006 konnte ich mit einer Erinnerung aufwarten, die stimmig ist, aber nicht stimmen muss.

Man vergesse nicht: Als Gemeindepfarrer, beginnend mit 1978 und seit 1991 landesweit als Gefängnisseelsorger, geschieht alles Schreiben zwischendurch.

Schon die Abfolge der Titel: Die 7 Sommer meiner Mutter, Die Stacheln der Kastanie – ersonnene Chronik, Bruchstriche und schließlich WASSERZEICHEN erweisen die vielerlei Konversionen des Textes. Die Widmung ist durchgehend: MIR.

Im Nachspann ist zu lesen:

Aufgeschrieben zwischen 2006 und 2017 im orthodoxen Nonnenkloster Sfântu Spiridon am Walde und auf dem evangelischen Pfarrhof in Rothberg bei Hermannstadt in Rumänien.

Ad maiorem Gloriam Dei!

Danksagung gilt Frau Dr. Edith Konradt, Geretsried, die in dem verwickelten Text ein „inneres Gesetz“ aufgespürt hat.

Ebenso möchte ich Dank sagen Frau Heidemarie Tamar Ambros, Chemnitz, für die standhafte Begleitung der Niederschrift von den Anfängen her.

Welches das Proprium gegenüber der restlichen siebenbürgischen Literatur sein könnte?

Denkbar, dass es die erlebte Innenansicht eines orthodoxen Nonnenklosters in Rumänien ist.

Und vielleicht die Frage nach Leiden, die man anderen zugefügt hat und wo sich der Ort einer Wiedergutmachung finden ließe, wenn es von Angesicht zu Angesicht zu spät ist.

Zwei verschiedene Versionen hat der Hausverlag Paul Zsolnay, Wien abgelehnt. Jedesmal mit der Begründung, die Niederschrift reiche nicht heran an die drei Romane zwischen 1998 bis 2005: Der geköpfte Hahn, Rote Handschuhe, Das Klavier im Nebel. Man sei darauf bedacht, dass mein „guter Ruf“ als Autor nicht beschädigt werde.

Die Agentur Altas, Bern, an der Spitze die erlesene Dame Katharina Altas, hat geschlagene drei Jahre rastlos versucht, für das Manuskript einen Verlag zu gewinnen.

Post festum haben sich gleich drei Verlage gemeldet.

Darunter der vielstimmige Verlag POP, Inhaber Traian Pop, beheimatet in Rumänien, zu Hause in Deutschland.

Es ist ein letztes Wort am Ende meiner Biografie. Das letzte Wort.

Ob und wie es gehört wird?

Zwei Damen befinden, die den Inhalt am Stück kennen, und jedes Teilstück dazu!

Frau Edith Konradt: „Die Fülle von springlebendigen Gestalten und oft haarsträubenden historischen Gegebenheiten, verdichtet sich zum breiten Zeitgemälde.“

Frau Tamar Ambros: „Langwierig, aber nicht langweilig. Und Wasserzeichen kann den übrigen Büchern ‚das Wasser reichen‘.“

Auf der Himmelsleiter der Geltungen, gewiss, wünsche ich meinen Büchern einen würdigen Platz. Aber auf den obersten Sprossen der Skala gilt für mich, den Geistlichen, als triftig ungleich anderes.

Denn: Meiner Seele Seligkeit hängt nicht von den Büchern ab.

Klappentexte

Eginald Schlattners „Wasserzeichen“ bewegen sich zwischen den literarischen Genres und setzen zwei Erzählebenen sowohl gegeneinander als auch parallel. Auf der ersten, die in einem rumänischen Nonnenkloster angesiedelt ist, geht der Autor an „gottdurchlässiger“ Stelle der ihn lebenslang bedrängenden Frage von Schuld und Vergebung nach. Wobei er gleichzeitig ein ebenso einprägsames wie skurriles Bild vom orthodoxen Klosterleben entwirft. Aus dieser Gegenwart blickt er zurück auf die Gymnasialjahre in Kronstadt, damals Stalinstadt, und die Menschen, die ihm am nächsten gestanden sind. Die Fülle von springlebendigen Gestalten und oft haarsträubenden historischen Gegebenheiten, die in Form einer Romanhandlung Revue passieren, verdichtet sich zum breiten Zeitgemälde der stalinistischen Willkürherrschaft in Rumänien, die als nachhaltige Bedrohung zum Greifen nahe heraufbeschworen wird.

Eginald Schlattner, geb. 1933 in Arad/Rumänien, evangelischer Pfarrer und Schriftsteller deutscher Sprache. Betreut seit 1991 als Gefängnisseelsorger Straftäter verschiedener Konfession in den Haftanstalten des Landes.

Verurteilt in den 50er Jahren als Student in einem politischen Prozess, arbeitete er nach der Entlassung als Ziegelbrenner, bei einer Staatsfarm, an einem Bahnbau, ehe er 1969 das Studium der Hydrologie abschließen durfte. Vier Jahre später sagte er dem Ingenieurberuf ab und studierte Theologie. Nach dem blutigen Ende der Diktatur 1989 erschienen zwischen 1998 und 2005 im Zsolnay Verlag, Wien, die Romane: Der geköpfte Hahn, Rote Handschuhe, Das Klavier im Nebel. Vielfach Übersetzungen, darunter in die Kontinentalsprachen spanisch, portugiesisch, russisch, Neue Auflagen, Verfilmungen.

Rote Handschuhe, das die zwei Jahre Zellenhaft bei der Securitate in Stalinstadt thematisiert, heute Kronstadt/Brasov, figuriert unter den hundert besten in deutscher Sprache geschriebenen Büchern 1999-2001 (Goetheinstitut, Internationes).

Weitere Publikationen: Mein Nachbar, der König und Odem (Schiller Verlag, Hermannstadt/Sibiu, 2013). Zuletzt Wassserzeichen (Traian Pop Verlag, Ludwigsburg, 2018).

Eginald Schlattner lebt auf dem Pfarrhof in Rothberg/Rosia – Siebenbürgen.

Zu seiner literarischen Produktion äußerte Sigrid Löffler, LITERATUREN: „Offensichtlich ist die Geschichte der Siebenbürger Sachsen zu Ende. Aber dieses Ende ist in den Romanen von Eginald Schlatter exemplarisch aufgehoben, im Hegelschen Sinne.“ Der Verfasser selbst befindet: „Meiner Seele Seligkeit hängt nicht von den Büchern ab. Sondern dass ich Pfarrer bin, als Erstes und als Letztes und manchmal durch und durch. Somit der Imperativ: Verlasse den Ort des Leidens nicht, sondern handle so, dass die Leiden den Ort verlassen.“

Klappentext

Von Nonnen und Narren, Ikonen und Namen – eine siebenbürgische Bilderwand, durchscheinend wie Wasserzeichen. (perlentaucher.de)
Von Nonnen und Narren, Ikonen und Namen – eine siebenbürgische Bilderwand, durchscheinend wie Wasserzeichen.
Sigrid Löffler äußerte 2001 beim Poetenfest in Erlangen: „Offensichtlich ist die Geschichte der Siebenbürger Sachsen zu Ende. Aber dieses Ende ist in den Romanen von Eginald Schlatter exemplarisch aufgehoben, im Hegel’schen Sinne.“
Denis Scheck in einem Brief, Dezember 2016: „… nach dem, was ich von Eginald Schlattner kenne, darf man von Weltliteratur sprechen.“
Der Verfasser selbst befindet: „Meiner Seele Seligkeit hängt nicht von den Büchern ab. Sondern dass ich Pfarrer bin, als Erstes und als Letztes und manchmal durch und durch. Somit der Imperativ: Verlasse den Ort des Leidens nicht, sondern handle so, dass die Leiden den Ort verlassen.“

Eginald Schlattners „Wasserzeichen“ bewegen sich zwischen den literarischen Genres und setzen zwei Erzählebenen sowohl gegen-einander als auch parallel.
Auf der ersten, die in einem rumänischen Nonnenkloster
angesiedelt ist, geht der Autor an „gottdurchlässiger“ Stelle der ihn lebenslang bedrängenden Frage von Schuld und Vergebung nach. Wobei er
gleichzeitig ein ebenso
einprägsames wie skurriles Bild vom orthodoxen Klosterleben entwirft. Aus dieser Gegenwart blickt er zurück auf die Gymnasialjahre in Kronstadt, damals Stalinstadt, und die Menschen, die ihm am nächsten gestanden sind. Die Fülle von springlebendigen Gestalten und oft haarsträubenden historischen Gegebenheiten, die in Form einer Romanhandlung Revue passieren, verdichtet sich zum breiten Zeitgemälde der
stalinistischen Willkürherrschaft in Rumänien, die als nachhaltige Bedrohung zum Greifen nahe heraufbeschworen wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.06.2018

Rezensent Elmar Schenkel entdeckt ein Vielerlei in Eginald Schlattners „Lebensroman“. Ob es um das Verhältnis des Autors zum Glauben geht, zur russischen Orthodoxie, zum Klosterleben, um seine Erinnerungen an den Nationalsozialismus, dann den Sozialismus in Rumänien, oder um das Hadern mit sich selbst, um die Siebenbürger Landschaft oder das eigene Liebensleben, immer trifft der Rezensent auf Unkonventionelles, auch sprachlich, wenn der Autor poetische Wendungen vollzieht. Schlattners poetisches und historisches Bild Siebenbürgens bleibt Schenkel im Gedächtnis. Eine Lebensbeichte, meint er, die als Vertiefung und Erläuterung von Schlattners Romanen gelesen werden kann.

Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Lieferbare Titel von Eginald Schlattner:

 

 

Horst Samson & Anton Sterbling (Hrsg.): Die Sprache, die auf das Nichts folgt, die kennen wir nicht. Sätze und Texte für Richard Wagner.

978-3-86356-174-1_A 978-3-86356-174-1_BHorst Samson & Anton Sterbling (Hrsg.): Die Sprache, die auf das Nichts folgt, die kennen wir nicht. Sätze und Texte für Richard Wagner. Mit Grafiken und Malereien von Walter Andreas Kirchner

Fragmentarium Reihe. 320 Seiten, ISBN: 978-3-86356-174-1,  €[D] 23,00

• Ilse Hehn  • Werner Kremm • Johann Lippet • Traian Pop Traian • Horst Samson • Hellmut Seiler • Gerhard Ortinau • Anton Sterbling • Gerhardt Csejka • Wolfgang Dahmen • Walter Engel • Rudolf Herbert • Ingo Langner • Peter Motzan • Stefan Sienerth •

Lieferbare Titel von Horst Samson:

Lieferbare Titel von Anton Sterbling: