Franz Hodjak, Ehrenplatz im Jenseits

Franz Hodjak, Ehrenplatz im Jenseits. Gedichte. Mit elf Illustrationen von Astrid Hodjak

Klappenbroschur, Reihe Lyrik Bd. 189, ISBN 978-3-86356-361-5; 146 Seiten, €[D]21,50

Franz Hodjak navigiert durch die Grammatik und die Asche zerfransender Erinnerungen, erhebt sich himmelwärts, um der Dunkelheit sein Licht zu bringen und sie mit einer unverwechselbaren und poetisch bis zum Bersten aufgeladenen Sprache aufzuhellen, eine Sprache, die einfallsreich der Phantasie immer wieder, überraschend wie verblüffend, auf die Sprünge hilft, imaginäres Kino. Unwiderstehliche Bilder, verführerische Sentenzen, melancholische Konsequenzen: Am Abend sprechen wir zu den Träumen, / in der Nacht antworten die Träume uns. (Wahrscheinlich). Ein notorischer Einzelgänger (Nirgends) ist er nur in der Dichtkunst, ein unverkennbarer Solitär.
Horst Samson

Barbara Zeizinger:  Leben in Etagen

Barbara ZeizingerLeben in Etagen. Roman. Reihe Epik, Bd. 153 ISBN 978-3-86356-408-7, 324 Seiten, €[D]23,00

Barbara Zeizinger erzählt die Geschichte eines Hauses und sei- ner Bewohner in den Jahren 1931 bis 2020. Es geht um vier Fa- milien zwischen Natio- nalsozialismus, Krieg, Nachkriegszeit, Wie- deraufbau und demo- kratischer Entwicklung der Bundesrepublik. Jede Zeit prägt die Menschen, ihr Schicksal, ihr Verhalten, ihre Wünsche und Sehnsüchte.
Da sind zu Beginn Simon und Therese, die zunehmend unter Antisemitismus und dem aufkommenden Nationalsozialismus leiden. Im zweiten Kapitel steht Luise im Mittelpunkt. Sie muss nicht nur mit den Herausforderungen der Nachkriegszeit in der zerstörten Stadt, sondern auch mit der Verbitterung ihres Ehemanns Hermann über den verlorenen Krieg fertig werden. Außerdem gibt es noch den Amerikaner Mike, der eine größere Rolle spielt als ihm bewusst ist. In den 1970er Jahren bauen Erwin und Susanne das Haus um. Als Susanne dabei in einem Schrank versteckte Unterlagen ihrer Mutter findet, beginnt sie, das Leben ihrer Eltern zu erforschen. Im letzten Kapitel müssen sich Frieda und Paul mit einer Ehekrise und Problemen ihres Sohnes Alex auseinandersetzen. Als sie nach einigem Zögern das Haus beziehen, scheint alles gut zu werden. Bis sie ein Brief erreicht.

Lieferbare Titel von Barbara Zeizinger:

Ilse Hehn: Diese Tage ohne Datum

Ilse HehnDiese Tage ohne Datum. Mit 45 bildnerischen Arbeiten der Autorin.Reihe Fragmentarium Bd. 27. 320 Seiten, ISBN 978-3-86356-353-0, €[D]23,00

Anstelle eines Vorworts: Eine Sprache aus Überzeugung, Nähe und Anmut

Das kennen wir: Die Corona-Pandemie zeigt erschreckend, statt sich herzlich und liebevoll zu umarmen, streckt man seine Faust aus, seine Ellenbogen und tritt einander fast vors Schienbein. Nehmen wir auch noch die Maske hinzu, sind wir … auf Abstand? Einander fremd geworden? Vereinsamt?
Wie erfreulich, wenn ein Buch seine Arme ausbreitet, die Maske abnimmt, keine Berührung scheut, sich dir nähert und ein echtes Angebot zur Aufnahme einer Beziehung ist.
Wovon rede ich? Von Ilse Hehns jüngstem Buch: „Diese Tage ohne Datum“. Es neigt sich uns entgegen, möchte angenommen, in seiner Bildsprache verstanden und in gewisser Weise auch genossen werden. Doch das alles geht nicht hektisch. Es brauchte seine Zeit. Lebenszeit, Erfahrungszeit, Wahrnehmungszeit. Und es braucht unsere Lust und Bereitschaft, Worte und Bilder zu wägen, so dass sie in unserem Inneren Gestalt annehmen.

Was bewegt diese bewegende Autorin dazu, uns in Lappland auf einen Hundeschlitten zu stellen und uns tagelang und abhängig von Tier und Natur durch die weite, eingefrorene Landschaft zu führen? Die sprachsatten Bilder lassen es erahnen: es geht darum, eine innere Heimat zu entdecken, ein Gefühl von Geborgensein in einer Natur, die nicht feindlich ist.
Ob die Bretagne ein heimeliger Ort? Ist sie nicht auch schroff, bedrohlich, menschenfeindlich? Nein, wenn man nicht nur allein unterwegs ist, und manchmal scheint es durch, dass Ilse Hehn nicht alleine reist. Ob die Autorin nun mit kulturhistorische Anmerkungen, in eine bildhafte Sprache eingetaucht, metaphorisch überhöht und mit kraftvollen Synästhesien bekleidet, sich uns herausfordernd nähert – wir sind eingeladen, intellektuell und emotional an dieser Reise durch Frankreich teilzuhaben.
Nach einem wunderbar zynischem Capri-Intermezzo und einem Spaziergang durch das bunte, tolerante Amsterdam reisen wir nach Schottland.
Kommt man dann dort im Zeichen der Distel und beim Klang der Bagpipes, mit dem passenden Getränk in der Hand und umwoben von Geschichte und Geschichten, zu einer entspannten Gelassenheit, einem Atemhauch von Genuss? Ja, man kommt. Auch als Leser.
Aufpassen! In Florenz – sachlich kommentiert die Autorin die Stadt als „ein Sarg aus pietra dura“, Pathos und pietätvolle Kniefälle sind nicht das Ihre – werden wir davor gewarnt, „Dantes verzinkter Lorbeer“ uns nicht auf den Kopf fallen zu lassen.
Und ach, Ägypten. Hier hat Ilse Hehn wahrlich ihr Herz an Geschichte und Architektur, an Götterwelt und Menschenelend verloren. So viele Worte und keines zu viel. Jedes gefüllt mit Bild und Vorstellung, mit Kommentar und Anmerkung. Ein Bekenntnis!
Ein literarisches Fundstück sind die Texte der Autorin über ihre ehemalige Heimat Rumänien. Textminiaturen von großer poetischer Kraft und eigenwillige Collagen vermitteln ein nuancenreiches Bild des postkommunistischen Rumänien. Hinter dem schönen Schein eines „neuen Frühlings“ wird die Ratlosigkeit und Enttäuschung angesichts der nicht eingelösten Erwartungen der 1989 von der kommunistischen Diktatur befreiten Menschen spürbar.
Umarmen wir Sizilien, jenes geschichtsträchtige Eiland, um uns bald darauf, über Norwegen und Samos, am Bodensee auszuruhen, Annette von Droste Hülshoff vorurteilsfrei zu begegnen, und gleichsam Kraft zu tanken für zwei weitere große Schritte. Einer führt uns zur ewigen Stadt, der Roma aeterna, deren Flair wir erliegen, die Sinne leibhaftig und lebhaft gesättigt. Und ja, die „bocca della verita“ wartet auf die Autorin, um das, was sie uns anbietet, auf Authentizität und sprachliche Überzeugungskraft zu prüfen. Ergebnis: Alles gut! Was heißt, das steinerne Ungeheuer beißt nicht zu.
Schließlich wartet Venedig auf uns. Wir kommen behutsam dieser rätselhaft schönen Stadt nahe. So wie die Autorin auch uns nahegekommen ist. Keine erzwungene Distanz sondern glaubhafte Nähe, keine Oberlehrer-Belehrungen, sondern kenntnisreiche Impulse. Keine Maske, wohl aber eine Sprache aus Überzeugung, Nähe und Anmut.

So gelingen Begegnungen, ja Berührungen in einer Zeit der Entfremdung. Man ist eingeladen, sich dem Horizont einer weit gereisten Autorin zu nähern.
Das ist ein Buch für unsere Zeit der Distanz, der Masken und der erzwungenen Berührungslosigkeit.
Lassen Sie sich berühren! Es tut gut.

Ulrich Steenberg, Januar 2022

 

Diese Tage ohne Datum – ein Gesamtkunstwerk, das die Vielfalt von Reiseerfahrungen in all ihren sinnlichen, gedanklichen und ästhetischen Facetten erfasst, und in welchem kongenial die bildende und die Sprachkünstlerin Ilse Hehn zu Wort kommt.
Was bei der aufmerksamen Lektüre auffällt, ist die stilistische Vielfalt der Texte, von Impressionen (Frankreich) über handfeste, geradezu spannende Handlung (Lappland), sprachlich unwahrscheinlich ausgefeilten wunderschönen Bildern vom Bodensee, Mont St. Michel, Venedig, Amsterdam (in seiner Knappheit ein kleines Kabinettstück), Capri (wunderbar die ironische Brechung im gesamten Kapitel) bis zu richtigen kleinen kulturhistorischen Exkursen (Ägypten, Rom, Schottland) und immer wieder dazwischen eingestreute lyrische Produkte. (Herbert Bockel)

Kritikerstimmen
Das jüngste Buch der Autorin Ilse Hehn ist ein eigenwilliges poetisches Reisetagebuch. Die Autorin reflektiert in Gedichten und Prosa feinsinnig die unterschwelligen Eigenheiten von Landschaften und Städten und stellt sie in den Zusammenhang der persönlichen Erlebnis- und Erfahrungswelt. Von besonderem Reiz sind die Rückblenden auf den südosteuropäischen Raum und die Jahre des Sozialismus, der Blick auf das heutige postkommunistische Rumänien sowie die Erlebnisfrische, mit der sie zu reisen und zu schildern versteht.
In die Texte beigestreut sind zahlreiche bildnerische Arbeiten von Ilse Hehn, die dem Buch einen zusätzlichen künstlerischen Reiz verleihen. (Ihre Windrose hat Wurzeln im Südosten, Franz Heinz)

Stilles Aufnehmen von Welt
Nicht die exotische Ferne fremder Kontinente lockt Ilse Hehn. Ihre Eindrücke, in Notaten festgehalten, die ein Mosaik bilden, sammelt die Reisende in den Schneeweiten Lapplands, in farbenflirrenden mediterranen Räumen, im Rom der Kirchen, Künste und Kontraste, in der archaisch-herben Landschaft der Bretagne, auf der griechischen Insel Samos, in Ägypten oder auch im sagen- und geschichtsträchtigen Schottland. Ihre in Prosa gefassten Impressionen finden sich, gestalterisch umgewan-
delt, oft auch in Gedichten wieder, die, eine Erfahrung, ein Erlebnis betonend, zum mitbestimmenden Teil des Textgefüges werden. Und sie finden sich wieder in den durch ihre Farbakzentuierung und Linienführung suggestiven Bildern der Künstlerin Ilse Hehn, die mit der Dichterin gemeinsam unterwegs war. (Eduard Schneider)

Lieferbare Titel von Ilse Hehn:

  • Anneliese Merkel:Käme ein Wort. Gedichte. Mit vier Arbeiten vonIlse Hehn.Pop Lyrik. ISBN: 978-3-86356-161-1, 72 Seiten, 14,50€
  • Roms Flair in flagranti. Epikreihe Bd. 109.142 Seiten, ISBN 978-3-86356-284-7, €[D]19,90
  • Diese Tage ohne Datum. Mit 45 bildnerischen Arbeiten der Autorin.Reihe Fragmentarium Bd. 27, 320 Seiten, ISBN 978-3-86356-353-0, €[D]23,00