Helmuth Frauendorfer, Photopoesie Phuerth

Helmuth Frauendorfer, Photopoesie Phuerth. Reihe Lyrik Bd. 185, 84 S., ISBN 978-3-86356-391-2, €[D] 23,00

Das Jahr 2020 wird schnell zum Jahr der Langsamkeit. Ein Jahr ungewöhnlicher Stille. Der Autor Helmuth Frauendorfer befindet sich, Berlin hinter sich lassend, in ihm fremden Gefilden. Es gibt schöne Straßen in Fürth bei Nürnberg. Sie sind erstarrt. Bewegungslosigkeit. In der verordneten Einsamkeit durchstreift er die vielen grünen Flächen, die Auen, den Wiesengrund der beiden Flüsse Pegnitz und Rednitz, die hinter dem Friedhof zusammenfließen und zur Regnitz werden. Im Kopf entstehen Sätze des Stillstands. Und er fotografiert die skurrile Leere. Wasser, Sträucher, Bäume schreien stumm auf. Abends setzt er sich hin und verbindet die Fotos mit den Sätzen in seinem Kopf, in den während der Spaziergänge entstandenen Notizen. So entsteht die Photopoesie Phuerth.

Lieferbare Titel von Helmuth Frauendorfer:

Abendweg. Roman. Reihe Epik Bd. 126. 332 S., ISBN  978-3-86356-336-3, €[D]21,50

Horst Samson: Der Tod ist noch am Leben

Horst Samson: Der Tod ist noch am Leben. Gedichte. Mit 23 Zeichnungen von Gert Fabritius. Lyrikreihe Bd. 174; ISBN 978-3-86356-355-4; 196 Seiten, €[D]23,00

„Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt“, schrieb Thomas Bernhard. Der Tod geht seinen Weg. Er weiß, was er tut. Sein Handwerk wurde ihm in die Wiege gelegt, eine Begabung. Oft spielt der Tod mit dem Leben. Er ist ein Herumtreiber, ein Flaneur. Manche halten ihn für einen Blender, aber er ist ein Meister. Sein Gedächtnis ist fabelhaft, er vergisst keinen. Der Tod hat eine gespaltene Persönlichkeit, tritt oft an mehreren Orten gleichzeitig auf. Plötzlich zeigt er im Nachtclub seine Künste, auch im Licht der Sonne ist niemand vor ihm sicher. Und manche müssen erst gar nicht mehr das Bett verlassen. Er ist nicht wählerisch. Es gibt größere Schrecken als den Tod. Der arbeitet präzise. Er flunkert nicht, er stümpert nicht. Nur das Leben quält. Der Tod ist der Frieden selber. Heimatlos in der Träne sehen wir dem Tod bei der Arbeit zu. Er lehrt uns das Verfließen, den Zerfall, das Vergehen. Das Leben, sagt er, hat keine Chance, es ist ein langsames, aber sicheres Sterben. Der Tod ist sein eigenes Geheimnis. Gegen die Kraft der Poesie aber ist er machtlos.
Horst Samson

Lieferbare Titel von Horst Samson:

Helmuth Frauendorfer, Abendweg

Helmuth Frauendorfer, Abendweg. Roman. Reihe Epik Bd. 126. 332 S., ISBN  978-3-86356-336-3, €[D]21,50

Eine Urne versinkt im schmalen Grab. Zwei Frauen in Schwarz, sie trauern nicht wirklich. Eine Obduktion kann nicht mehr stattfinden. Ein ganz normales Leben geführt zu haben – davon war Helen ein Leben lang überzeugt. Als Deutsche in einem Dorf im rumänischen Banat aufgewachsen, erlebt sie als Kind mit ihrer Familie die durch das kommunistische Regime angeordnete Deportation in die Bărăgan-Steppe. Später, als Studentin, nimmt sie in der Stadt Temeswar an Veranstaltungen mit regimekritischen deutschsprachigen Schriftstellern teil. Als Zwanzigjährige heiratet sie einen Westberliner und kommt in die geteilte Stadt. Ein bisschen aufregend war es schon, ihr Leben, aber für die damaligen Umstände, findet sie, war es auch normal. Sie ist überzeugt, es sei dennoch ein ganz normales Familienleben, wie es jeder sucht – auch in Zeiten von Totalitarismus, auch in Zeiten politischer Umwälzungen. Doch dann reihen sich Merkwürdigkeiten an Merkwürdigkeiten. Rund um den Leipziger Abendweg
am Cosbudener See werden Schichten eines Lebens sichtbar. Und Helen erkennt langsam, dass sie als Spielball von Geheimdiensten und Politik instrumentalisiert wurde.

Der 1959 im rumänischen Banat geborene, 1987 in die Bundesrepublik gejagte deutsche Schriftsteller Helmuth Frauendorfer erzählt in seinem Roman „Abendweg“ das Leben der Banater Schwäbin Helen. Ihr Leben liest sich wie ein zeitgeschichtliches Dokument der verheerenden Auswirkungen von Totalitarismus und Diktatur bis in die privatesten Details – nicht nur im vergangenen, sondern auch im 21. Jahrhundert.

Als Angehöriger des Jahrgangs 1959 ist Helmuth Frauendor­fer der jüngste inmitten jener Generation von SchriftstellerIn­nen, die in den letzten Jahren Rumänien verlassen haben, verlassen mußten, weil ihnen das Leben schwer und das Arbeiten unmöglich gemacht wurde. Herta Müller gehört zu diesem Kreis, ihr Ehemann Richard Wagner, aber auch Gerhard Csejka, der Literaturkritiker und Übersetzer, Johann Lippet, Klaus Hensel, Werner Söllner und William Totok. Sie alle gehören einer Generation an, der es als erster möglich war, sich frei mit Literatur auseinanderzusetzen, damals in den sechziger Jahren in Rumänien, die noch geprägt waren von relativer Liberalität, als es in der Region, in der sie lebte, noch deutsche Schulen, Radiosendungen in deutscher Sprache, deutsche Zeitungen und ein deutsches Theater (in Temeswar) gab. Die Biografien dieser Autoren sind vergleichbar: meist kamen sie aus Dörfern, gingen später in die weltläufigeren Städte, studierten, schrieben, diskutierten gemeinsam, waren Lehrer, Literaturredak­teure, Übersetzer, Dramaturgen – bis sich die Zeiten änderten, immer repressiver wuren: Zensur, Schreibverbot, gelegentlich Angst ums eigene Leben, Druck, der stärker wurde, schließlich Weggehen.

Ingulf Radtke, Nachwort zu: Helmuth Frauendorfer, Landschaft der Maulwürfe. Gedichte, Frankfurt am Main 1990

Lieferbare Titel von Helmuth Frauendorfer:

Abendweg. Roman. Reihe Epik Bd. 126. 332 S., ISBN  978-3-86356-336-3, €[D]21,50