Egnate Ninoschwili

Egnate Ninoschwili

Zeittafel

Egnate Ninoschwili (eigentlich Egnate Ingoroqwa) ist am 17. Februar 1859 in Qela geboren. Das Dorf Qela gehörte damals zum Gouvernement von Kutaisi.

Egnates Vater, Thoma, war ein unfreier Bauer. Auch seine Mutter, Nino Baramidse, stammte aus einer Bauernfamilie. Egnate war ihr einziges Kind. Die Mutter starb, als Egnate fünf Monate alt war. Die Mutterrolle übernahm dann seine Tante Nino, die Schwester seines Vaters, die dem Kind, das von Geburt an sehr schwach und kränklich war, uneingeschränkte mütterliche Liebe und Fürsorge zukommen ließ. Egnate lernte von ihr das Alphabet. 1870 wurde er in die Obhut eines Pfarrers gegeben. Er sollte ihn die Gebete und das Schreiben lehren. Anschließend wurde Egnate nach Poti geschickt, zum Neffen dieses Pfarrers, der dort mit Bäumen Handel trieb. Dieser behandelte Egnate wie seinen Leibeigenen und sperrte ihn in der Küche ein. Deshalb musste Egnate dem Unterricht fernbleiben. Nach einiger Zeit holte ihn sein Onkel von dort ab und brachte ihn zu sich.
1871-1875 verbrachte Egnate in seinem Heimatdorf und besuchte dort die Dorfschule. Wegen seiner Armut musste er sich gelegentlich als Hirtenjunge verdingen und auf den Unterricht verzichten, lernte aber selbstständig weiter und schloss 1872 die Dorfschule ab. Im Februar 1876 wechselte er in das Priesterseminar in Osurgeti. Der Leiter des Priesterseminars, Pfarrer Swimon Kikodse, war ein treuer Diener des damaligen Regimes. Er verlegte die Unterkunft der Studenten zu sich nach Hause, um von ihren Eltern die Miete zu kassieren. Die Studenten ließ er in seinem Garten umsonst arbeiten, was in der Studentenschaft einen gewissen Unmut hervorrief, denn sie alle kannten die Nachrichten über die russische Nationalbewegung und die Pariser Kommune der 70er-Jahre und wollten ihr eigenes Schicksal nicht blind akzeptieren.

Zu der Zeit wurde ein junger Lehrer Iwane Liadse, der in Tbilisi seine Ausbildung gemacht hatte, als Inspektor nach Osurgeti geschickt. Er gehörte zum Kreis jener Studenten, die sich von der russischen fortschrittlichen Literatur begeistern ließen. Liadse war ein aktives Mitglied der Zeitung „Droeba“ (Zeit). Der junge Inspektor deckte sehr schnell die Missstände im Seminar auf und versuchte dagegen anzukämpfen. Er zeigte die Willkür des Pfarrers an und machte sich dadurch bei den Studenten sehr beliebt. Dem regimetreuen Pfarrer gelang es leicht den Störenfried loszuwerden, aber seine Studenten sympathisierten dem jungen Lehrer noch weiter und versuchten durch Streiks, seine Rückkehr zu erzwingen. Der Initiator dieser Aktion war Egnate Ninoschwili. Wegen dieses Ungehorsams wurde er exmatrikuliert und durfte nicht mehr weiterstudieren. Egnate versuchte mithilfe seiner Freunde privat den Lehrstoff nachzuholen, legte die Prüfungen ab und wurde 1879 als Dorflehrer nach Tschotschchati geschickt.

Egnate Ninoschwili arbeitete bis 1882 als Lehrer. Er steckte ständig in finanziellen Schwierigkeiten. Außerdem spürte er den unbändigen Drang, sich weiterzubilden. Deshalb hörte er mit der Lehrtätigkeit auf, zog weiter und arbeitete bei der Bahn in Batumi.

1882-1883 war er als Telegraph am Bahnhof Supsa beschäftigt. Im Winter 1884 zog er nach Tbilisi, wo er mithilfe von Sakaria Tschitschinadse eine Anstellung als Schriftsetzer in der Druckerei von Arsen Kalandadse bekam. Auch hier verdiente er so wenig, dass es gerade für Essen und Trinken ausreichte. Kurze Zeit später kehrte er nach Guria zurück.

1886 arbeitete Egnate als Schreiber beim Dorfgericht. Im selben Jahr bekam er von seinen Freunden eine finanzielle Hilfe und reiste zum Studium nach Frankreich. Er fuhr mit dem Schiff von Megrelien nach Marseille und von dort nach Montpellier.

In Frankreich ging es ihm finanziell mitunter so schlecht, dass er dort als Straßenfeger arbeitete. Egnate blieb bis zum 25. März 1887 in Montpellier und kehrte dann nach Georgien zurück.
1887 war er als Sekretär bei Grigol Gurieli angestellt. Er arbeitete auch in dessen Bibliothek. Dort las er wissbegierig in allen Büchern und veröffentlichte Feuilletons und Briefe in der Zeitung „Iweria“. Damals begann er mit dem Schreiben seines historischen Romans und beendete ihn Ende Mai 1889.

Im Oktober 1889 war er wieder arbeitssuchend in Batumi, machte Gelegenheitsjobs im Hafen und verrichtete bis 1890 schwere körperliche Arbeit erst in der Rothschild-Fabrik und dann in der Manganmine in Zestaponi.

1890 erkrankte er an der Tuberkulose.

1890-1891 schrieb er die Erzählungen: „Simona“, „Der See von Paliastomi“, „Kristine“ und andere. Er war ein aktives Mitglied der damaligen revolutionären Bewegung.

1892 begann die traurige Romanze Egnate Ninoschwilis mit Nadasi Kalandadse. Er lernte sie am Neujahrsfest bei einem Freund kennen. Ninoschwili war von ihrer Ausstrahlung, Bildung und Benehmen so begeistert, dass er sich auf der Stelle in sie verliebte. Er überwand seine Schüchternheit und schrieb ihr später einen Liebesbrief. Leider war Nadasi schon einem anderen versprochen und hiermit für ihn unerreichbar. Welche Enttäuschung Egnate durch seine erste und letzte Liebe erfahren musste, schilderte er in seinem zweiten Brief an Nadasi. Den Brief hatte sie entgegen Egnates Wunsch, diesen nach dem Lesen sofort zu zerreißen, sorgfältig aufbewahrt und nach dessen Tod seinem Biographen übergeben.

Anfang 1892 arbeitete Egnate als Vorarbeiter in der Mineralölfabrik in Batumi. Vom Frühling bis August desselben Jahres war er in einem Kontor in Gomi angestellt. Im November 1892 zog er nach Tbilisi um. Ende des Jahres organisierte er zusammen mit Micha Zchakaia eine politische Versammlung in Zestaponi. Er kämpfte entschlossen gegen die Nationalisten, obwohl er am Anfang unter ihrem Einfluss gestanden hatte. In dieser Zeit war er einer der bekanntesten revolutionären Intellektuellen in Georgien.

1893 bewohnte Egnate, der von der Tuberkulose sehr geschwächt war, eine Wohnung in Tbilisi, die seine Freunde für ihn gemietet hatten. Er lernte Deutsch, schrieb „Die Verwüstung“ zu Ende und begann mit „Der edle Ritter unseres Landes.“

Egnate Ninoschwilis schriftstellerisches Wirken dauerte lediglich sieben Jahre (1887-1894) und er schuf in der kurzen Zeit mehr als irgendein anderer Vertreter der georgischen Literatur. In fast jeder Erzählung beschrieb er die zeitgenössische soziale Lage, die nach der Abschaffung der Leibeigenschaft in den 80-90-er Jahren des 19. Jahrhunderts in Georgien herrschte. Seine Protagonisten stammten alle aus dem wahren Leben. Einige von ihnen soll der Schriftsteller persönlich gekannt haben. Für seinen Schreibstil war seine eigene Art der Naturbeschreibung charakteristisch. Die Natur existierte manchmal im Gleichklang mit den Menschen und manchmal war sie ihnen gegenüber kalt und gleichgültig. Die Selbstmorde wurden stets von Regen und Gewitter begleitet.
Egnate Ninoschwili wandte oft den Traum als stilistisches Mittel an. Bei ihm war der Traum nicht nur ein Vorbote des Guten oder des Bösen, sondern ein Weg, um die Geschichte spannender zu erzählen und den inneren seelischen Zustand des Helden klarer zu zeichnen. Alle seine Helden trugen Namen, die ihr Wesen und ihren Charakter widerspiegeln: Uischwili (Wehe), Mklawadse (Arm), Mzirischwili (wenig) usw. Die Sprache, die er verwendete, war die Umgangssprache des gemeinen Volkes. Der Schriftsteller bediente sich keiner literarischen Ausschmückungen. Er gebrauchte oft Sprichwörter, Dialekte, Legenden, Gedichte und Lieder, das seinen Erzählungen mehr soziale Tiefe und literarische Spannung verleihen sollte.

1893 nahm er in Tbilisi an der zweiten illegalen Konferenz der „Dritten Partei“ teil. Seine Krankheit zwang ihn aber erst nach Batumi und dann wieder in sein Heimatdorf zurückzukehren.

Egnate Ninoschwili starb am 12. Mai 1894 im Alter von fünfunddreißig Jahren. An seiner Beerdigung nahmen sehr viele Menschen, darunter viele Prominente teil.

Lieferbare Titel von Egnate Ninoschwili

  • Der edle Ritter unseres Landes
    Erzählungen
    Auswahl von Dato Barbakadse. Nachwort von Bela Tsipuria. Aus dem Georgischen übersetzt von Maja Lisowski. Kaukasische Bibliothek Band 28 (Georgien).
    Reihe Epik Bd.121, ca. 229 Seiten, ISBN 978-3-86356-330-1, € [D19,90