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„Daheim ist nur der Traum in dir“

Dem Künstler und Autor PAPI zum Gedenken

Nein, anzukommen war für ihn nicht vorgesehen, er teilte das Los aller Emigranten, dessen Fazit er in einem seiner lyrischen Texte festgehalten hat: „ich bin ein bürger ohne biografie / es macht mir spaß daran zu glauben / dass es mich tatsächlich gibt / anhalter / zwischen zwei welten / die ich verließ // ich bin die straße meine angst“. 1960 im rumänischen Banat als Emilian Rosculescu mitten in die kommunistische Diktatur hinein geboren, gelang es ihm 1989, einige Monate vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, über die grüne Grenze zu Jugoslawien nach Deutschland zu fliehen, wo er zunächst in Baden-Württemberg und dann in Bayern eine Bleibe fand – anfangs in bürgerlichen Berufen, danach als freischaffender Künstler und Autor –, aber immer ruhelos und kreativ unterwegs. Seine Art-brut-Skulpturen und seine realistisch-fantastischen bis abstrakten Bilder, Lithografien und Zeichnungen waren in Frankreich, Deutschland und Rumänien in zahlreichen Ausstellungen zu sehen, sein publiziertes lyrisches Werk ist hingegen schmal geblieben, doch nicht weniger beeindruckend und bewegend, wie der Gedichtband „Manchmal später“ im POP Verlag/Ludwigsburg zeigt. 2009 kehrte er nach Rumänien zurück, blieb aber weiterhin ein Getriebener zwischen West und Ost – lebens- und wesensbestimmend für PAPI, für den seine Fantasie zum einzig möglichen Fluchtpunkt und seine Biografie zur Begleiterscheinung werden sollte: „ein gleitendes dasein / zwischen dem ersten und letzten / kerzenstummel / überflüssig“. Im Grunde genommen die Chiffre eines für bodenständige Zeitgenossen nur schwer nachzuvollziehenden und nachzuempfindenden Migrantenschicksals, das europaweit auf Vorurteile stößt: „wem zu ehren / meint ihr / trage ich das festgewand / ich bin der friedensengel / aus dem westen / und die sauerteiggurke / aus dem osten“. Nun ist PAPI am 19. Juni „am ende des weges verstummt“ – was aber bleibt, ist sein künstlerisches Werk, weil ihm bewusst war, „dass nur du / meine chance bist / papier“.



die bewegung der antillen unter der schädeldecke. junge rumäniendeutsche lyrik zwischen 1975 und 1980. Eine (historische) Anthologie
herausgegeben von Walter Fromm. Erweiterte, kritische Neuauflage 2022. mit einem einleitenden Essay von Prof. Dr. Waldemar Fromm
und einer soziokulturellen Kontextualisierung von Prof. Dr. Anton Sterbling.Reihe Lyrik Bd. 171 . 128 S., 978-3-86356-350-9, €[D] 23,00.
Im Frühjahr 2023 ist das Poem „biographie. ein muster“ von Johann Lippet im Pop Verlag erschienen – in einer durchgesehenen Auflage und kontextualisiert durch ein Essay von Walter Fromm. Die in den 1980er Jahren viel beachtete Erzählung in freien Versen hat bei ihrem Erscheinen in Rumänien zahlreiche Tabus gebrochen.
 
Nicolae Breban, Frohe Botschaft. Roman. Zwei Bände. Aus dem Rumänischen von Georg Aescht. In seinem Roman „Frohe Botschaft“, der zu den zehn besten rumänischen Romanen des 20. Jahrhunderts gehört, gelingt Nicolae Breban ein Spektrum des flirrenden Zwielichts, das auch lange nach dem Ende des Kommunismus die Sicht auf die Zeitgeschichte des ,Ostens‘ behindert.SBN erster und zweiter Band: 978-3-86356-402-5, 932S. €[D]49,00
Richard Wagner | Werner Söllner | Rolf Bossert | Franz Hodjak | William Totok | Hellmut Seiler | Klaus Hensel | Horst Samson | Helmut Britz | Johann Lippet  Diese Anthologie ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass sich in der kleinen deutschsprachigen Literatur Rumäniens in den 1960er und 1970er Jahren ein Maß an Weltläufigkeit und Modernität herauszubilden begann, das heute zur markanten Bereicherung der literarischen Vielstimmigkeit in Deutschland beiträgt. Das zeigen Werke, die nach 1989 erschienen sind: Sie verweisen auf Emigration, Unbehaustheit und eine doppelte Fremdheit – „Angekommen wie nicht da“ lautet ein Titel von Herta Müller – innerhalb des Erfahrungshaushalts Deutschlands. (Waldemar Fromm, 2022)

Der Aussiedlungsprozess der Deutschen aus Rumänien und der meisten rumäniendeutschen Schriftsteller, Künstler und Intellektuellen findet sich von dieser Literatur merkwürdig begleitet und zugleich vielfach gebrochen gespiegelt und in gewisser Weise auch vorweggenommen. (Anton Sterbling, 2022)

Persönlich wünschte ich mir eine noch ein- deutiger engagierte oder gar militante Sub- jektivität. Verfolgt man jedoch die jüngste Lyrikproduktion aufmerksam, so lässt sich leicht feststellen, dass sie nicht selten ins private Abseits abdriftet, belanglose Innerlichkeit zutage fördert und Gesellschaftliches wegdrückt. Dann wird leider nur noch festgestellt, aber nicht mehr gefragt, der Zustand wird hingenommen, aber nicht mehr angezweifelt etc., etc. Selbstverschuldetes Abseits wäre das Ergebnis, eine vielversprechende literarische Bewegung fände ein frühzeitiges Ende. Dem vorzubeugen, mag dieses Buch auch beitragen. (Walter Fromm, 1980)

 

Auch sie weist auf den Auftritt einer Generation von Schriftstellern hin, die sich als Avantgarde verstand und sowohl gegen die Zwänge der literarischen Provinz als auch gegen die Indienstnahme der Literatur durch den sozialistischen Staat rebellierte. Darüber, über die im letzten Jahr veröffentlichte Lyrik-Anthologie „die bewegung der antillen unter der schädeldecke“, über die Temeswarer literarische Gruppierung „Aktionsgruppe Banat“ und die deutschsprachige Literatur aus Rumänien in wechselhaften Zeiten erzählt Johann Lippet im Gespräch mit Olivia Spiridon.    Der Schriftsteller Johann Lippet blickt auf ein Werk zurück, das mittlerweile mehr als 25 Bände umfasst und das am Schicksal von einzelnen Protagonisten, Familien und einer Dorfgemeinschaft die Geschichte des Banats und der Banater Schwaben erzählt und Befindlichkeiten dieser Region in literarische Sprache übersetzt.   Den Podcast finden Sie hier.
Doppelter Grattanz: Zur Neuerscheinung „Zwischen zwei Welten – Geschichten eines Frauenarztes“



Not und Notwendigkeit der Erinnerungsarbeit

Zur Neuausgabe eines kanonisch gewordenen Poems von Johann Lippet aus der „Aktionsgruppe Banat“

Robert Serban: Feintod // Nah an der Gürtelline. „Feintod“. Gedichte, aus dem Rumänischen übersetzt von Gerhardt Csejka

94 Seiten, ISBN 978-3-86356-167-3. €[D]16,50; Nah an der Gürtellinie. Gedichte. Aus dem Rumänischen übersetzt von Gerhardt Csejka

Mit einem Nachwort von Uli Rothfuss. Pop Lyrik, ISBN 978-3-86356-211-3. 86 Seiten, €[D]16,50. Schön, dass von diesem Lyriker nun so viele Gedichte (ein weiterer Band erschien bereits 2009 beim Pop Verlag) auf Deutsch verfügbar sind. Ich kann nur jedem empfehlen, sich zumindest einen der Bände mal anzusehen. Ich bin froh, zwei davon bei mir stehen zu haben und bin davon überzeugt, dass ich sie noch öfters aufschlagen werde. Denn diese Momente der Ambivalenz, die darin verhandelt werden, unentwegt, kenne ich nur zu gut und Şerban versteht es, sie offenzulegen, mit einfachen, mit kleinen Worten zu wiegen und zu zeigen.
Der berühmte „Prager Frühling“, der nach den Worten des Europa- abgeordneten Daniel Cohn-Bendit, „ob es einem nun passt oder nicht“, die Welt verändert, läutet eine Epoche der Liberalisierung ein, die auch in Rumänien greift. Das Land hat als einziges Mitglied des Warschauer Paktes die Teilnahme an dem von der Sowjetunion geführten Einmarsch in die Tschechoslowakei 1968 verweigert. Nicolae Breban wird stellvertretendes Mitglied des Zentralkomitees der Rumänischen Kommunistischen Partei und Chefredakteur der Zeitschrift România literară. Er schreibt die Drehbücher für die Filme Răutăciosul adolescent und Printre colinele verzi. Bei letzterem, der für das Internationale Filmfestival in Cannes nominiert wird, führt er auch Regie. Von Paris aus nimmt er (1971, Juli-Thesen) in Le Monde zum Zeichen des Protests gegen die beginnende Personaldiktatur von Ceauşescu seinen Abschied. Dumitru Ţepeneag – der einzige Bürger Rumäniens (nach König Mihai I.), dem die Staatsangehörigkeit durch Präsidialdekret entzogen worden ist – schreibt in seinem Tagebuch Un român la Paris über diesen radikalen Bruch Brebans mit dem System Ceauşescu: „22. September 1971. Endlich hat Le Monde auch den Artikel über Breban veröffentlicht: «Craignant un retour au dogmatisme, le rédacteur en chef de la revue La Roumanie littéraire donne sa démission» (…)“. Nach 1989 kehrt er aus dem Pariser Exil zurück.

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