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Pressemitteilung zum Tod von Helmuth Frauendorfer
Am frühen Morgen des 2. Dezember 2024 ist der aus dem rumänischen Banat stammende Journalist, Essayist, Schriftsteller, Bildungsreferent und Dokumentarfilmer, der Künstler und Schriftsteller Helmuth Frauendorfer nach kurzem schwerem Leiden in Fürth verstorben. Bereits in den 1980er-Jahren erwies er sich in Rumänien als mutiger Schriftsteller, Intellektueller und Regimekritiker, der demnach auch von der Securitate verfolgt und gleichsam zur Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland gezwungen wude.
Helmuth Frauendorfer ließ sich zunächst als frei-schaffender Schriftsteller und Dokumentarfilmer in West-Berlin nieder und engagierte sich alsbald in der Menschenrechtsbewegung. Bereits 1989 erfolgte gemeinsam mit anderen rumäniendeutschen Schriftstellern wie auch bundesdeutschen Politikern die Gründung des Menschenrechtskomitees Rumänien im Rahmen der Heinrich-Böll-Stiftung. Dieses Komitee koordinierte er bis 1992 hauptamtlich, wobei es diesem und ihm selbst vornehmlich um eingehende Aufklärung und politische Bildung im Hinblick auf die Menschenrechtssituation in Rumänien und in den kommunistischen Diktaturen in Osteuropa und in der DDR ging. 1990 organisierte er die erste, dreitägige Internationale Menschenrechtskonferenz in Rumänien, mit 500 Teilnehmern aus der ganzen Welt.
Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft in Rumänien gab Frauendorfer zusammen mit Richard Wagner Mitte des Jahres 1990 unter dem Titel Der Sturz des Tyrannen. Rumänien und das Ende der Diktatur, in der Reihe rororo aktuell, Reinbek bei Hamburg, eines der ersten deutschsprachigen Bücher mit Berichten und Hintergrundanalysen zu diesen folgenreichen Geschehnissen heraus. Dem folgte unter dem Titel Die Demokratie der Nomenklatura. Zur gegenwärtigen Lage in Rumänien, Heinrich-Böll-Stiftung, Köln 1991, ein weiteres Buch über die damaligen, recht undurchsichtig wirkenden Geschehnisse und Entwicklungen in Rumänien. Im Jahr 1990 erschien außerdem sein Gedichtband Landschaft der Maulwürfe, dipa Verlag, Frankfurt am Main.
In den darauf folgenden Jahren veröffentlichte Frauendorfer literarische, essayistische und journalistische Arbeiten wie auch Rundfunkbeiträge und wurde alsbald als Fernsehjournalist tätig. Vor allem seine Reportagen und Beiträge als fester freier Mitarbeiter der MDR-Redaktion Zeitgeschehen im Rahmen der Magazine Fakt, exakt, Windrose wie auch ARD-Kulturreport, ORB-Klartext u.a. fielen stets durch journalistische Professionalität, solide Sachkenntnis, gute Recherchen, eindringliche Analysen und kluge, eigenständige Kommentare auf.
In ähnlichen thematischen Bahnen, allerdings schwerpunktmäßig noch stärker auf Erinnerungskultur und historisches Gedenken fokussiert, bewegte sich seit 2010 seine Arbeit als Referent für politische Bildung und stellvertretender Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Dass seine wissenschaftliche, journalistische und künstlerische Arbeit vor allem das Missbehagen, den Ärger und die Feindseligkeit von parteipolitisch zu „Linken“ gewandelten und teilweise erneut zu Macht und Einfluss, vor allem im Berliner Senat und den Bezirksverwaltungen, gelangten „Postkommunisten“ provozierte, blieb daher nicht aus. Diese wussten dann auch bei passender Gelegenheit hinterhältig zurückzuschlagen und ihn wie auch den Direktor der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, beruflich in Abseits zu stellen.
Helmuth Frauendorfers wohl bekanntester und einflussreichster Film dürfte An den Rand geschrieben. Rumäniendeutsche Schriftsteller im Fadenkreuz der Securitate sein, ein 90 Minuten langer, sehr wirkungsmächtiger Filmbeitrag, der am 5. Oktober 2010 im Hackesche Höfe Kino, Berlin, Premiere hatte.
Seit 2020 lebte Helmuth Frauendorfer in Fürth bei Nürnberg. Im Jahr 2021 legte er den tiefgründigen und erschütternden Roman Abendweg vor, der nicht nur nach Rumänien, zu den traurigen Ereignissen der Deportation einer banatschwäbischen Familie in die Bărăgansteppe und zu den bedrückenden Lebensverhältnissen im realsozialistischen Rumänien zurückführt, sondern uns auch mit den abgründigen Biographien von Stasi-Agenten und insbesondere eines langjährigen informellen Mitarbeiters der Stasi aus dem Westen in aufwühlender Weise vertraut macht. Erschienen ist in diesem Jahr zudem der Band Photopoesie Phuerth. Gedichte, Pop Verlag, Ludwigsburg, 2024, der in Texten und Fotos vor allem Impressionen, Stimmungen und Reflexionen der Coronazeit festhält.
Frauendorfer war in den letzten Jahren als Redakteur und Regisseur der Münchner Produktionsfirma Preview Production tätig. Vor wenigen Wochen schrieb er in diesem Zusammenhang noch, dass er an einem intellektuellen Porträt des emeritierten Professors für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr München und bekannten Publizisten Michael Wolffsohn arbeiten würde.
Nur wenige Monate nach seinem 65. Geburtstag müssen wir bei Helmuth Frauendorfer in tiefer Trauer auf ein jäh zu Ende gegangenes Leben zurückblicken. Auf ein rastloses und mutiges, neugieriges und herausforderndes Leben einer Person, deren früher Tod uns sehr betrübt, aber tief im Gedächtnis bleiben wird.
Ich verstehe diese Anerkennung als Herausforderung und nehme sie als solche an, aber nicht ohne mich bei Ihnen, den Autoren, Übersetzern, Lektoren, Korrektoren, Redakteuren und Grafikern zu bedanken, genauso wie bei allen Förderern, Kultureinrichtungen, Bibliotheken, Archiven, Universitäten, Instituten und all denen, die uns stets unerschütterlich zur Seite standen, sowie bei denen, die es hartnäckig verweigerten, weil sie uns auf diese Weise geholfen haben herauszufinden, welches Bild von uns sich in der Verlagslandschaft konstituiert und etabliert. Und nicht zuletzt gilt mein Dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, da Sie unser Unternehmen – um mit Bob Dylan zu sprechen – vor einem „blowin’ in the wind“ bewahrt haben.
die bewegung der antillen unter der schädeldecke. junge rumäniendeutsche lyrik zwischen 1975 und 1980. Eine (historische) Anthologie herausgegeben von Walter Fromm. Erweiterte, kritische Neuauflage 2022. mit einem einleitenden Essay von Prof. Dr. Waldemar Fromm und einer soziokulturellen Kontextualisierung von Prof. Dr. Anton Sterbling.Reihe Lyrik Bd. 171 . 128 S., 978-3-86356-350-9, €[D] 23,00.
Im Frühjahr 2023 ist das Poem „biographie. ein muster“ von Johann Lippet im Pop Verlag erschienen – in einer durchgesehenen Auflage und kontextualisiert durch ein Essay von Walter Fromm. Die in den 1980er Jahren viel beachtete Erzählung in freien Versen hat bei ihrem Erscheinen in Rumänien zahlreiche Tabus gebrochen.
Nicolae Breban, Frohe Botschaft. Roman. Zwei Bände. Aus dem Rumänischen von Georg Aescht. In seinem Roman „Frohe Botschaft“, der zu den zehn besten rumänischen Romanen des 20. Jahrhunderts gehört, gelingt Nicolae Breban ein Spektrum des flirrenden Zwielichts, das auch lange nach dem Ende des Kommunismus die Sicht auf die Zeitgeschichte des ,Ostens‘ behindert.SBN erster und zweiter Band: 978-3-86356-402-5, 932S. €[D]49,00
Richard Wagner | Werner Söllner | Rolf Bossert | Franz Hodjak | William Totok | Hellmut Seiler | Klaus Hensel | Horst Samson | Helmut Britz | Johann Lippet Diese Anthologie ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass sich in der kleinen deutschsprachigen Literatur Rumäniens in den 1960er und 1970er Jahren ein Maß an Weltläufigkeit und Modernität herauszubilden begann, das heute zur markanten Bereicherung der literarischen Vielstimmigkeit in Deutschland beiträgt. Das zeigen Werke, die nach 1989 erschienen sind: Sie verweisen auf Emigration, Unbehaustheit und eine doppelte Fremdheit – „Angekommen wie nicht da“ lautet ein Titel von Herta Müller – innerhalb des Erfahrungshaushalts Deutschlands. (Waldemar Fromm, 2022) Der Aussiedlungsprozess der Deutschen aus Rumänien und der meisten rumäniendeutschen Schriftsteller, Künstler und Intellektuellen findet sich von dieser Literatur merkwürdig begleitet und zugleich vielfach gebrochen gespiegelt und in gewisser Weise auch vorweggenommen. (Anton Sterbling, 2022) Persönlich wünschte ich mir eine noch ein- deutiger engagierte oder gar militante Sub- jektivität. Verfolgt man jedoch die jüngste Lyrikproduktion aufmerksam, so lässt sich leicht feststellen, dass sie nicht selten ins private Abseits abdriftet, belanglose Innerlichkeit zutage fördert und Gesellschaftliches wegdrückt. Dann wird leider nur noch festgestellt, aber nicht mehr gefragt, der Zustand wird hingenommen, aber nicht mehr angezweifelt etc., etc. Selbstverschuldetes Abseits wäre das Ergebnis, eine vielversprechende literarische Bewegung fände ein frühzeitiges Ende. Dem vorzubeugen, mag dieses Buch auch beitragen. (Walter Fromm, 1980)
Auch sie weist auf den Auftritt einer Generation von Schriftstellern hin, die sich als Avantgarde verstand und sowohl gegen die Zwänge der literarischen Provinz als auch gegen die Indienstnahme der Literatur durch den sozialistischen Staat rebellierte. Darüber, über die im letzten Jahr veröffentlichte Lyrik-Anthologie „die bewegung der antillen unter der schädeldecke“, über die Temeswarer literarische Gruppierung „Aktionsgruppe Banat“ und die deutschsprachige Literatur aus Rumänien in wechselhaften Zeiten erzählt Johann Lippet im Gespräch mit Olivia Spiridon. Der Schriftsteller Johann Lippet blickt auf ein Werk zurück, das mittlerweile mehr als 25 Bände umfasst und das am Schicksal von einzelnen Protagonisten, Familien und einer Dorfgemeinschaft die Geschichte des Banats und der Banater Schwaben erzählt und Befindlichkeiten dieser Region in literarische Sprache übersetzt. Den Podcast finden Sie hier.
Doppelter Grattanz: Zur Neuerscheinung „Zwischen zwei Welten – Geschichten eines Frauenarztes“
Not und Notwendigkeit der Erinnerungsarbeit Zur Neuausgabe eines kanonisch gewordenen Poems von Johann Lippet aus der „Aktionsgruppe Banat“
Robert Serban: Feintod // Nah an der Gürtelline. „Feintod“. Gedichte, aus dem Rumänischen übersetzt von Gerhardt Csejka 94 Seiten, ISBN 978-3-86356-167-3. €[D]16,50; Nah an der Gürtellinie. Gedichte. Aus dem Rumänischen übersetzt von Gerhardt Csejka Mit einem Nachwort von Uli Rothfuss. Pop Lyrik, ISBN 978-3-86356-211-3. 86 Seiten, €[D]16,50. Schön, dass von diesem Lyriker nun so viele Gedichte (ein weiterer Band erschien bereits 2009 beim Pop Verlag) auf Deutsch verfügbar sind. Ich kann nur jedem empfehlen, sich zumindest einen der Bände mal anzusehen. Ich bin froh, zwei davon bei mir stehen zu haben und bin davon überzeugt, dass ich sie noch öfters aufschlagen werde. Denn diese Momente der Ambivalenz, die darin verhandelt werden, unentwegt, kenne ich nur zu gut und Şerban versteht es, sie offenzulegen, mit einfachen, mit kleinen Worten zu wiegen und zu zeigen.
Der berühmte „Prager Frühling“, der nach den Worten des Europa- abgeordneten Daniel Cohn-Bendit, „ob es einem nun passt oder nicht“, die Welt verändert, läutet eine Epoche der Liberalisierung ein, die auch in Rumänien greift. Das Land hat als einziges Mitglied des Warschauer Paktes die Teilnahme an dem von der Sowjetunion geführten Einmarsch in die Tschechoslowakei 1968 verweigert. Nicolae Breban wird stellvertretendes Mitglied des Zentralkomitees der Rumänischen Kommunistischen Partei und Chefredakteur der Zeitschrift România literară. Er schreibt die Drehbücher für die Filme Răutăciosul adolescent und Printre colinele verzi. Bei letzterem, der für das Internationale Filmfestival in Cannes nominiert wird, führt er auch Regie. Von Paris aus nimmt er (1971, Juli-Thesen) in Le Monde zum Zeichen des Protests gegen die beginnende Personaldiktatur von Ceauşescu seinen Abschied. Dumitru Ţepeneag – der einzige Bürger Rumäniens (nach König Mihai I.), dem die Staatsangehörigkeit durch Präsidialdekret entzogen worden ist – schreibt in seinem Tagebuch Un român la Paris über diesen radikalen Bruch Brebans mit dem System Ceauşescu: „22. September 1971. Endlich hat Le Monde auch den Artikel über Breban veröffentlicht: «Craignant un retour au dogmatisme, le rédacteur en chef de la revue La Roumanie littéraire donne sa démission» (…)“. Nach 1989 kehrt er aus dem Pariser Exil zurück.
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